Plot:Nach dem schwer verdaulichen und weit unterdurchschnittlichen Klamaukfilm „Moonraker“ orientiert sich „For Your Eyes Only“ zu meiner großen Freude doch tatsächlich wieder an den Bond-Filmen der 60er-Jahre, bleibt auf der Erde und ist auch sonst handlungsmäßig wieder recht bodenständig. Der Humor wird Gott sei Dank auf ein erträgliches Maß zurückgeschraubt und die Agentengeschichte kann ernst genommen werden. Es geht hier um den Besitz eines Steuerungscomputers, der die Atomraketen eines jeden britischen U-Boots starten kann und damit den Russen im kalten Krieg immense Macht verleihen würde.
Die Prätitelsequenz zeigt übrigens Bonds späte Rache an Blofeld, nachdem er diesem zuerst in einem, von ihm ferngesteuerten, Hubschrauber ausgeliefert scheint, dabei aber das Blatt zu wenden vermag und seinen Erzfeind ein für allemal in einem riesigen Kamin entsorgt. Auch sieht man Bond zuvor andächtig vor dem Grabstein seiner Frau stehen, welchen folgende Inschrift ziert: "Teresa Bond, 1943-1969, Beloved wife of James Bond. We have all the time in the world." Diese Szene erinnert wieder an deren tragisches Ende in "On Her Majesty's Secret Service".
Bösewichter:Julian Glover (geb.1935) ist als Aristoteles Kristatos ein sehr durchschnittlicher Schurke und wenig einprägsam. Auch sein durchtrainierter Handlanger John Wyman als Erich Kriegler zeigt nicht einmal den Schatten der Präsenz eines Robert Shaw in „From Russia with Love“. Michael Gothard (1939-1992) als schweigsamer Emile Leopold Locque fällt ebenfalls nicht sonderlich auf.
Bondgirls:Die Armbrust schießende, wunderschöne, fast puppenhafte, Französin Carole Bouquet (geb.1957) gehört zu meinen Lieblings-Bondgirls überhaupt.
Die professionelle Eiskunstläuferin Lynn-Holly Johnson (geb.1958) als aufgeweckte, mannstolle und etwas naive Bibi Dahl ist recht süß, wirkt allerdings, trotz ihrer damals 22 Jahre, noch ziemlich kindlich, was aber der Rolle entspricht.
Cassandra Harris (1948-1991) als Contessa Lisl von Schlaf ist nicht wirklich erwähnenswert, ausser dass sie die spätere Ehefrau von Bond-Darsteller Pierce Brosnan war.
Titellied:„For Your Eyes Only“ wird von Sheena Easton interpretiert, die sogar im Vorspann singend zu sehen ist. Einmal mehr bekommt man einen sehr angenehmen Ohrwurm zu hören, der mittlerweile den Status eines Evergreen hat.
Schauplätze:Gedreht wurde in Großbritannien, Cortina d’Ampezzo, den Dolomiten und vor allem dem traumhaften Griechenland (hauptsächlich Korfu), wo ganz besonders schöne Aufnahmen gelungen sind.
Das Auge kann sich sowohl an den Ski-Szenen, als auch an den zahlreichen Unterwasser-Aufnahmen weiden, die allesamt wunderbar anzusehen sind. Besonders attraktiv sind die versunkenen griechischen Tempel-Säulen. Ich möchte noch betonen, dass gerade in Griechenland, wegen des Denkmalschutzes, an sehr vielen Plätzen das Sporttauchen verboten ist, was den Szenen einen zusätzlichen Reiz verleiht.
In Cortina wird eine richtige Action-Show geboten, die den, sich auf Skiern fortbewegenden, Bond in einer wilden Verfolgungsjagd zeigt, die nicht nur über steile Hänge, sondern auch einen Eiskanal und eine Sprungschanze führt. Er wird dabei u.a. von dem durchtrainierten Killer Erich auf Skiern und auf dem mit Spike-Reifen versehenen Motorrad verfolgt.
Zum dritten und letzten Mal wird der Running-Gag mit dem Alkohol konsumierenden Touristen gezeigt, der ständig Zeuge von Bonds bemerkenswerten Aktionen ist. In „The Spy who Loved Me“ sieht man ihn am Strand, als Bond und Anya mit dem Lotus Esprit aus dem Wasser kommen. In „Moonraker“ sieht man ihn in Venedig, als Bond mit der Luftkissengondel aus dem Wasser kommt. Hier erscheint er, als Bond bei einer Verfolgungsjagd mit Skieren auf einen Tisch springt und drüber fährt.
Man kann dem Film zwar ankreiden, dass er zahlreiche Anleihen bei seinen älteren Vorgängern nimmt und daraus einen Mischmasch präsentiert; allerdings kann dies in der doch schon recht fortgeschrittenen Phase der Bond-Verfilmungen nicht mehr so leicht vermieden werden und stört auch nicht wirklich. Jedenfalls ist mir Bond so 1000 mal lieber als in dem vorangegangenen Moonraker-Spektakel.
Gadgets:Der weiße Lotus Esprit Turbo aus "The Spy Who Loved Me" kommt erneut zum Einsatz, wird aber recht rasch durch ein rotes Modell ersetzt, nachdem er, verursacht durch eine explosive Diebstahlsicherung, in die Luft fliegt.
Der findige Q präsentiert einen Identifikationscomputer (Identigraph) in den eine Personenbeschreibung eingegeben werden kann, woraufhin er die Identität der am ehesten entsprechenden Person preisgibt.
Bonds Verfolger im Schnee haben, mit Maschinenpistolen ausgestattete, Motorräder.
Bei der Bergung des ATAC-Gerätes unter Wasser muss Bond einen Handlanger überwinden, der sich in einer, mit Beißzangen versehenen, Unterwasser-Rüstung befindet.
Weiters verwendet Bond eine Armbanduhr mit Telefonverbindung.
Sonstige Anmerkungen:"For Your Eyes Only" markiert Bonds Eintritt in die 80er-Jahre. Mit seinen 53 Jahren stellt Roger Moore bereits hier den Altersrekord unter den Bond-Darstellern auf und wirkt als Frauenschwarm nicht mehr sehr überzeugend. Sean Connery war bei seiner Rückkehr in "Never Say Never Again" 52 Jahre alt.
Die Prätitelsequenz mit Blofelds Entsorgung passt nicht in den Film. Auch finde ich es unangebracht, den gefürchteten Superverbrecher nur so nebenbei und ohne den nötigen Ernst in's Jenseits befördert zu sehen. Auch bleiben diesbezüglich einige Fragen offen. Blofeld sitzt im Rollstuhl und trägt dieselbe Halskrause wie am Ende von "On Her Majestys Secret Service", obwohl seit 1969 bereits 12 jahre vergangen sind.
Sowohl Julian Glover, als auch Topol sind Jahrgang 1935 und damit viel zu jung für ihre Rollen als 2 ehemalige Resistance-Kämpfer im 2.Weltkrieg.
Die Szene, in der Bond und Melina an einem Seil durch ein Hai-verseuchtes Gewässer gezogen werden, stammt aus dem Roman "Live and Let Die".
Regie hat hier erstmals John Glen (geb.1932), der seit "On Her Majestys Secret Service" in einigen Bond-Filmen als Cutter und Second-Unit-Regisseur tätig war. Er sollte auch bei EONs restlichen Bond-Filmen der 80er-Jahre Regie führen.
Recht unterhaltsam ist der Schlussgag mit der "eisernen Lady", die von der bekannten Thatcher-Parodistin Janet Brown (1923-2011) gespielt wird, welche dem Original wirklich täuschend ähnlich sieht.
Wortwitz:Blofeld zu Bond, der ihm im ferngesteuerten Hubschrauber ausgeliefert ist: "You are now flying Remote Control Airways."
Bond zu dem kahlköpfigen Blofeld: "Keep your hair on."
Bond zu Melina, während der Verfolgungsjagd im 2CV: "I'm afraid we're being out-horsepowered."
Bond zu Bibi: "Don't grow up any more. The opposite sex would never survive it."
Fazit:Schöne Reminiszenz an die Bond-Filme der 60er-Jahre. Nach „The Spy Who Loved Me“ Roger Moors bester 007-Streich, wobei diese beiden Filme seine einzigen wirklich herausragenden Beiträge zur Reihe bleiben sollten. 5 von 5 Punkte