Eigentlich war er ja als Wallace geplant.Von 1971 unter der Regie von Duccio Tessari mit Helmut Berger,Wolfgang Preiss und einem bemerkenswerten schmutzigen und hinterhältigen Günther Stoll.In so einer Rolle kennt man ihn garnicht ,aber er überzeugt vollens!Bemerkenswert auch die Kamera von Carlo Carlini.Ein Top-Giallo!
Auch der Soundtrack bei diesem Film ist ein genaueres Hinhören wert. "Una Farfalla dalle ali Insanguinate" ist - neben seinen Arbeiten für den Delon-Hauer "Tödlicher Hass" und den Thriller "La morte Accarezza a Mezzanotte" - vielleicht Gianni Ferrio's bester Score aus diesem Jahrzehnt. Auf CD ist der Score auch mal erschienen.
Dem typischen Giallomuster (subjektive Sichtweise, viele und grausame Morde, unheimliche Szenerie) folgt er zwar nicht ganz, das macht aber nichts. Vor allem der Teil, in dem dieser Krimi ein Gerichtsfilm ist, wurde von Duccio Tessari sehr gut inszeniert. Die Rückblenden während des Verfahrens sind überaus spannend und gelungen umgesetzt (Kamermann Carlo Carlini brilliert hier!) und erweisen sich als genialer Kniff der Regie teilweise am Ende als fiktiv, um den Zuseher auf eine falsche Fährte zu locken. Der Aufbau der Anklage durch den Staatsanwalt in Form von Wolfgang Preiss und die Entlastungsbeweise des Anwalts gespielt von Günther Stoll sind eine atemberaubende Achterbahnfahrt, zumal sich das Spiel Be- und Entlastung nochmals wiederholt. Stoll als skrupelloser Rechtsanwalt, der nach der Verurteilung seines Mandanten mit dessen Frau ins Bett geht, um anschließend auch noch deren gemeinsame Tochter zu befummeln gefällt in dieser Rolle und spielt überaus kühl, egoistisch und überzeugend (die ital. Synchronstimmen von Stoll und Preiss sind allerdings mehr als unpassend). Auch die dramaturgische Einsetzung der Tschaikowsky-Musik ist ein brillanter Clou des Regisseurs, der mit der Auflösung natürlich noch einmal überrascht (auch wenn man ein derartiges Krimifinale auch schon öfters in anderen Filmen gesehen hat und dieses Sujet auch der Kriminalliteratur nicht fern steht). Eine hübsche Idee fand ich übrigens auch die Einführung der Hauptcharaktere am Beginn.
Insgesamt unterhält dieser Krimi, die weiter oben zitierten Längen konnte ich nicht entdecken (obwohl ich normalerweise was das betrifft ein ziemlich genervter Zuseher bin). Ob dieser Film in der Wallace-Reihe Platz gehabt hätte, sei dahin gestellt, sicherlich hätte es eine weitere interessante Alternative eröffnet, aber andererseits ist es auch gut, dass mit den ital. Produktionen mit "Halbmond" Schluss war. Nur um Geld zu sparen, hätte die Rialto am Ende dann vielleicht auch noch italienisch coproduzierte Filme mit Adriano Celentano oder Bud Spencer in Wallace-Reihe gehoben. Dieser Duccio-Tessari-Film kann sehr gut für sich alleine stehen und ist in meinen Augen auch wesentlich spannender als sein Thriller Der Mann ohne Gedächtnis mit Senta Berger.
Schließlich hätte ich noch zwei Fragen zur deutschen Fassung: ich habe nur die ital. DVD-Fassung ohne deutschen Ton und glaube mich zu erinnern, dass in der RTL2-Ausstrahlung des Films (1993 oder 1994) Günther Stoll sich selbst gesprochen hat. War das auch bei Wolfgang Preiss der Fall? Schließlich noch etwas, was den Fernsehbericht über den ersten Mord betrifft: hier spricht der Reporter im ital. Original davon, dass das Mädchen vergewaltigt und ermordet wurde. Wie wir aber aus der Rückblinde und von der ärztlichen Untersuchung wissen, gab es keine Vergewaltigung. Ist davon in der dt. Version die Rede? Ich vermute mal, dass Tessari damit einfach die journalistische bzw. boulevardmediale Aufbauscherei etwas anprangern wollte ...
4 von 5 Punkte