Nicht also nach einer Idee oder Motiven von Edgar Wallace, sondern lediglich „für die Anhänger von Edgar Wallace“ soll dieser Film gedreht worden sein. In Anbetracht der Tatsache, dass Italien in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren für einige wertige Thriller verantwortlich zeichnete, schaute ich mir die heutige Ausstrahlung des Films im RBB an. In der Tat hat „L’oro di Londra“ eigentlich nichts mit Wallace zu tun, vielmehr ist er ein Heist-Movie, bei dem es um den titelgebenden Goldraub, einen Überfall auf einen Goldbarrentransporter, sowie die sich anschließende Flucht nach Gibraltar geht. In der Inszenierung fallen einige neckische kleine Pluspunkte auf: So ist die Ausgangssituation, in der die potenziellen Goldräuber aus purem Zufall einen weiteren Komplizen dingen, weil dieser ausgerechnet sie auf verlassener Landstraße zu überfallen gedenkt, durchaus interessant. Der weitere Verlauf hält zahlreiche echte London-Aufnahmen bester Sechzigercouleur bereit. Dies wird noch gekrönt, von einer Szene in einem Konferenzzimmer, in der mehr britische Minifähnchen auf dem Tisch stehen, als der Buckingham Palace in seinem Keller lagert, und die – welch ein Zufall – mit einer Variation der Hymne „God save the Queen“ unterlegt wird.
In der Titelgrafik dieser Besprechung ist zu erahnen, dass die Gangster in ihrer gewissenhaften Vorbereitung auf den Goldraub auch mit Spielzeugmodellen operieren, wie es bereits Sherlock Holmes und Dr. Watson in der 1968er-Verfilmung von „Die Bruce-Partington-Pläne“ und nicht zuletzt die Posträuber in „Zimmer 13“ taten. Wie gut, dass diese – respektive ihre britischen Realkumpanen – in „Goldraub in London“ ebenso Erwähnung finden wie ein möglicher Diebstahl der Kronjuwelen im Tower. Woher uns das nur wieder bekannt vorkommt?
Leider ist der Film trotzdem eine ziemliche Schlaftablette. Obwohl man ihm ein großes Handlungspotenzial bescheinigen kann, wirkt er eher unausgegoren und naiv. Sowohl die Vorgänge des Goldraubs als auch die Ermitlungen der Polizei machen einen so dilettantischen Eindruck, dass man zu keiner Zeit auch nur einen einzigen Funken Wahrheit hinter der Story vermuten würde. Lose Fäden und logische Fettnäpfchen gibt es freilich auch zur Genüge. Als Beispiel für die eher fantastische Natur der Story soll die Wasserpistole der Verbrecher herhalten, die mit einem ominösen Betäubungsmittel gefüllt ist, das jeden, den man mit dem Strahl trifft, in Sekundenschnelle in süße Träume versetzt.
„Goldraub in London“ erlaubt sich darüber hinaus die zwei größten Fehler, die ein Heist-Movie machen kann. Einmal mag bis zu den unerwarteten Ereignissen auf der Flucht nie so wirklich Suspense aufkommen, außerdem lässt die Produktion jegliches Interesse an einer vernünftigen Charakterisierung seiner Protagonisten vermissen. So ist dem Zuschauer relativ gleichgültig, was mit den Herren mit dem Gold im Gepäck geschieht – Mitfiebern wird nach besten Möglichkeiten verhindert. Deshalb bleibt das Erlebnis „Goldraub in London“ dröge und eher „so la la“.
Italien kann Wallace besser. 2,5 von 5 Punkten.