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Autor Thema: Carlito’s Way (USA, 1993)  (Gelesen 876 mal) Durchschnittliche Bewertung: 4
Dan Tanna Spenser
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« am: 10. August 2019, 22:01:17 »

Der Film beginnt damit, dass der ehemalige puerto-ricanische Mafioso Carlito Brigante niedergeschossen wird. In einer Rückblende erinnert er sich, wie er in diese Lage gekommen ist. Vor einigen Jahren war er zu einer dreißigjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Sein zwielichtiger Anwalt David Kleinfeld konnte ihn jedoch aufgrund von Verfahrensfehlern nach fünf Jahren aus dem Gefängnis holen. Carlito bedankt sich überschwänglich bei Kleinfeld und sagt ihm, dass er ihm ewig dankbar sein werde. Mit Kleinfeld verbindet Carlito eine enge Freundschaft. Durch die vermittelten Kontakte zur organisierten Kriminalität konnte Kleinfeld sein Geschäft während Carlitos Haft ausbauen.

Nach seiner Haftentlassung will Carlito unbedingt aus dem kriminellen Geschäft aussteigen und ein neues Leben beginnen, jedoch fehlt ihm noch das nötige Geld. Er hat den Traum, zu einem alten Freund auf Paradise Island, Bahamas auszuwandern und sich dort mit 75.000 Dollar in dessen dortige Autovermietung einzukaufen. Kurz nach seiner Entlassung fährt er mit seinem jungen Cousin, der als Laufbursche für einen örtlichen Gangster arbeitet, unbeabsichtigt zu einem Drogengeschäft. Carlito hat dort aufgrund seiner Instinkte von Anfang an ein sehr ungutes Gefühl und behält recht: Sein Cousin wird von den Geschäftspartnern seines Bosses ermordet, und Carlito muss die Gangster in Notwehr erschießen. Er nimmt die 30.000 Dollar, die sein toter Cousin den Drogenhändlern überbrachte, an sich und kauft sich in einem Nachtclub ein, um dort das nötige Geld zu verdienen.

Carlitos Anwalt Kleinfeld wird mittlerweile von dem auf einem Gefängnisschiff inhaftierten Mafiaboss Taglialucci erpresst. Er soll dessen Flucht organisieren, anderenfalls würde er ermordet. Taglialucci hat Kleinfeld in der Hand, da dieser eine Million Dollar Mafiageld für sich behalten hat, anstatt es zur Bestechung von Richtern und Geschworenen zu verwenden. Die Staatsanwaltschaft versucht mittlerweile, Carlito mit einem Agent provocateur zu einem Rauschgiftdeal anzustiften. Er enttarnt den Verräter, lässt ihn aber am Leben.

In dem von Carlito geleiteten Nachtclub kommt es zu einem Streit mit dem Junggangster Benny Blanco, der Anspruch auf die Gesellschaft einer bestimmten Kellnerin erhebt, die allerdings gerade mit Kleinfeld Sex auf der Herrentoilette hat. Carlito lässt ihn hinauswerfen, aber von seinem Freund Pachanga nicht töten, da er seine kriminelle Vergangenheit hinter sich lassen will, obwohl Benny ihm klarmacht, dass er ihn bei Gelegenheit als Rache für den Rauswurf umbringen wird.

Carlito kommt seiner Ex-Freundin Gail wieder näher und kann sie überzeugen, mit ihm zusammen auf die Bahamas auszuwandern. Allerdings kommt es zwischen den beiden zum Streit, da Kleinfeld Carlito gebeten hat, ihn bei der Flucht des Mafiabosses von dem Gefängnisschiff auf Kleinfelds Boot zu begleiten und den Mafiaboss aus dem Wasser zu fischen. Kleinfeld selbst ist durch seine Kokainabhängigkeit immer unzuverlässiger und unkontrollierbarer geworden. Bei der Befreiungsaktion ist auch der Sohn des Bosses Frankie Taglialucci anwesend. Gail bittet Carlito inständig, sich nicht an Kleinfelds Unternehmungen zu beteiligen, doch dieser fühlt sich Kleinfeld gegenüber verpflichtet. Gail prophezeit Carlito, dass sie eines Tages um drei Uhr morgens in der Notaufnahme neben ihm stehen werde, weil ihn Gangster niedergeschossen haben.

In der Nacht läuft zunächst alles nach Plan, doch Kleinfeld zieht Taglialucci nicht aus dem Wasser, sondern erschlägt ihn und tötet auch dessen Sohn Frankie Taglialucci. Carlito weiß, dass die Mafia Rache nehmen wird, zumal Taglialucci einen weiteren Sohn hat: Vincent „Vinnie“ Taglialucci. Er bricht die Freundschaft zu Kleinfeld ab und sagt, dass sie quitt seien.

Bereits am nächsten Tag wird ein Mordanschlag auf Kleinfeld verübt, den er aber schwer verletzt überlebt. Carlito entschuldigt sich mittlerweile bei Gail und erfährt, dass sie von ihm schwanger ist. Staatsanwalt Norwalk informiert Carlito, dass gegen Kleinfeld bereits seit längerem wegen Korruption und Bestechung ermittelt wird und dass dieser vor einiger Zeit angeboten hat, unter Eid auszusagen, dass Carlito wieder mit Drogen handelt, was vom Staatsanwalt aber als Lüge erkannt wurde. Carlito soll nun wegen des Doppelmordes am Mafiaboss und dessen Sohn gegen Kleinfeld aussagen. Carlito weigert sich und will stattdessen mit Gail noch am selben Abend die Stadt mit dem Zug verlassen. Er will nach Miami fliehen und von dort auf die Bahamas fliegen. Sie verabreden sich für 23.30 Uhr auf dem Bahnhof, wo der Zug abfährt.

Im Krankenhaus steht Kleinfeld mittlerweile unter Polizeischutz. Carlito erkennt in einem auf dem Flur wartenden Polizisten, der seinen Kollegen in ein paar Minuten ablösen soll, sofort einen Gangster. Tatsächlich ist es Vinnie Taglialucci. Im Krankenzimmer spricht Carlito Kleinfeld auf seinen Verrat an, doch dieser spottet nur über Carlitos Ehrenkodex. Carlito bleibt äußerlich ruhig und zeigt Kleinfeld sogar noch, wie er einen ins Zimmer stürmenden Killer am wirkungsvollsten mit seinem Revolver ausschalten kann und geht dann mit den sarkastischen Worten, dass Kleinfeld eine großartige Zukunft vor sich habe. Kurz danach kommt Vinnie Taglialucci ins Zimmer und richtet eine Pistole auf Kleinfeld, dieser kann seine bereitliegende Waffe schnell greifen, muss aber feststellen, dass Carlito unbemerkt die Patronen aus der Trommel entfernt hat. Vinnie erschießt Kleinfeld als Rache für die Ermordung seines Vaters und seines Bruders.

Allerdings will Vinnie auch Carlito töten, da die Mafia sich sicher ist, dass er auf dem Boot dabei war und bei der Ermordung mitgeholfen hat. Mit weiteren Gangstern taucht er in Carlitos Nachtclub auf und verwickelt ihn zunächst in einen Smalltalk. Carlito kann mit seinen inzwischen zusammengesparten 70.000 Dollar durch eine Luke im Boden fliehen. Es kommt zu einer Verfolgungsjagd bis in die New Yorker Grand Central Station, wo Carlito alle Gangster bis auf Vinnie erschießen kann. Dieser wird, bereits schwer verletzt, von der anrückenden Polizei erschossen.

Glücklich läuft Carlito auf Gail zu, die mit seinem Freund Pachanga schon auf ihn wartet, doch da taucht plötzlich Carlitos Widersacher Benny Blanco auf und schießt Carlito dreimal in den Bauch. Pachanga hat Carlito an ihn verraten, wird allerdings gleichfalls von Benny erschossen. Carlito gibt Gail noch die 70.000 Dollar und bittet sie, mit seinem ungeborenen Kind die Stadt zu verlassen, dann stirbt er.


    Al Pacino: Carlito Brigante
    Sean Penn: David Kleinfeld
    Penelope Ann Miller: Gail
    John Leguizamo: Benny Blanco
    Ingrid Rogers: Steffie
    Luis Guzmán: Pachanga
    James Rebhorn: Staatsanwalt Norwalk
    Joseph Siravo: Vincent „Vinnie“ Taglialucci
    Frank Minucci: Don Taglialucci
    Viggo Mortensen: Lalin
    Richard Foronjy: Pete Amadesso
    Jorge Porcel: Saso
    Adrian Pasdar: Frankie Taglialucci
    John Ortiz: Guajiro
    Paul Mazursky: Richter Feinstein
    Jon Seda: Dominikaner
    Vincent Pastore: Mafioso im Copa
    Marc Anthony: Musiker der Latino-Band

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« Antworten #1 am: 09. Juli 2020, 21:52:05 »

“…es wundert mich, dass ich es überhaupt bis hierher geschafft habe. Die meisten aus meinem Haufen hat es schon viel früher erwischt… aber keine Angst, ich werde weiter kämpfen!”

Diese Satzbruchstücke, die Al Pacino als Carlito Brigante im Prolog mit gedämpfter Stimme aus dem Off wiedergibt, geben dem Zuschauer schon einen kleinen Anstoß, in welch dreckiges, auswegloses Milieu ruchloser Kriminalität einen die nächsten knapp zweieinhalb Stunden entführen werden. De Palma inszeniert das New York seines fulminanten Neunziger- Gangsterkrimis “Carlito`s Way” als nebulösen Ort, der seinen eigenen Gesetzmäßigkeiten folgt, als gefährlichen Zwinger linker Bazillen, die selbst ihre vermeintlich besten Freunde in charakterlosem, egoistischem Kalkül hintergehen, wenn es für sie selbst hart auf hart kommt.

30 Jahre sollte der Puertoricanische Drogendealer Carlito Brigante (Al Pacino) eigentlich hinter Schloss und Riegel verbringen. Doch dank seines Anwalts Dave Kleinfeld (Sean Penn) darf er nun schon nach fünf abgesessenen Jahren in die Freiheit zurück. In seinem Revier, einem düsteren Viertel des Big Apple, hat sich nicht viel verändert. Carlito jedoch macht seinen alten Kumpanen kurz nach der Rückkehr unmissverständlich klar, dass er mit seiner Vergangenheit nichts mehr am Hut habe und ab sofort ein sauberes Leben führen werde. Er übernimmt den Nachtclub des hoch verschuldeten Saso (Jorge Porcel) und wacht mit Argusaugen darüber, dass sein Laden von
jeglicher Gewalt und schmutzigen Geschäften unberührt bleibt. Carlito trifft auch Gail (Penelope Ann Miller) wieder, die er aufgrund seiner Haftstrafe aus den Augen verloren hatte, die er aber noch immer liebt. Mit ihr will er ein zivilisiertes Leben führen- neu anfangen, wie er sagt, in Florida. Doch droht sein Vorhaben zu scheitern und die guten Vorsätze aus der Balance zu geraten, weil hier und da kleinere Zwischenfälle eintreten. Als Carlito von Kleinfeld darum gebeten wird, ihm bei einem halsbrecherischen Fluchtmanöver eines seiner Klienten unter die Arme zu greifen, willigt dieser fatalerweise ein, da er glaubt, seinem Anwalt noch etwas schuldig zu sein. Dies ist der Anfang vom Ende Carlito`s…

Wie in seiner fiebrig-desillusionierenden Gangsterfabel Scarface (1983) geht Genre-Spezialist Brian de Palma in “Carlito`s Way” einem zwanghaften, sich selbst verschlingenden System auf den Grund und zeichnet in größtenteils sachlicher, realistischer und abschreckender Manier den Weg eines notorischen Ganoven nach, der es niemals schaffen kann, seine angestrebten Ideale in die Tat umzusetzen. Doch ist Carlito Brigante kein naiver und despotischer Emporkömmling wie es Tony Montana war. Al Pacino, der mit gewohnt beeindruckendem und passioniertem Spiel einen von sonderbarer Ambivalenz geprägten Charakter mimt, der in dem bedingungslosen Willen, aus der Szene auszusteigen, immer mehr zur Marionette seines berechnenden Umfelds gerät, gibt den Carlito wesentlich reifer und differenzierter denkend als den kubanischen Auswanderer Montana. Dieser Carlito will eine ehrliche Haut sein, sich als Individuum abseits der alten Verhaltensmuster eine gesittete Existenz aufbauen, doch er weiß um die Hürden, die es auf dem Weg zur kathartischen Selbstverwirklichung zu nehmen gilt. Denn was, wenn plötzlich “alte Freunde” auftauchen und um einen Freundschaftsbeweis bitten? Folgt man dem emotionalen Verstand, der besagt, dass die Zukunft mit Gail (die inzwischen auch schwanger ist) auf dem Spiel steht- oder den Gesetzen der Straße, die einer Art Quidproquo- Prinzip unterstellt sind, in dem es darum geht, seinen eng anvertrauten Freunden (wenn es so etwas dort überhaupt gibt) Gefälligkeiten zu erweisen.

“Wo sind die Miniröcke und das Haschisch abgeblieben? Jetzt ziehen sich die Leute dieses weiße Zeug in die Nase und tanzen Tänze, die ich nicht tanzen kann!”
(Carlito analysiert die Veränderungen, welche die Szene während seiner Abwesenheit durchgemacht hat)

Das Milieu hat sich zweifellos gewandelt. Doch Carlito ist, auch wenn er es zunächst nicht wahrhaben möchte, im tiefsten Innern stets derselbe geblieben. Der Ehrenkodex der Mafiosi und Dealer sowie die Impulsivität der Szene sind ihm angewachsen. Das dauerhafte Ringen mit sich selbst und den Gespenstern der Vergangenheit wird besonders eindrucksvoll in einer Szene deutlich, in der Carlito einem altbekannten Verbrecher, Lalin (Viggo Mortensen), begegnet, der mittlerweile im Rollstuhl sitzt. Carlito merkt im Laufe der Unterredung mit Lalin, der ihn zu kriminellen Geschäften persuadieren will, dass er ausspioniert wird. Als ihm klar wird, dass Lalin ihn auf`s Kreuz legen wollte, wird er stinksauer, zückt ein Messer und drückt es ihm gegen die Kehle. Schließlich lässt er doch von ihm ab, ohne ihm ein Haar zu krümmen. Das Schicksal wollte ihn aus der Reserve locken- doch Carlito hat noch rechtzeitig die Kurve gekriegt und es vermieden, sich der Mittel seiner Vergangenheit, sprich: körperlicher Gewalt, zu bedienen. Dann wäre da noch der arrogante, gelackte Gauner Benny Blanco (John Leguizamo), der gegenüber einer Angestellten von Carlito`s Club ein bisschen zu aufdringlich wird, woraufhin Carlito ihn aus seinem Laden wirft. Früher wäre Benny ein toter Mann gewesen, heute lässt Carlito ihn leben. Hinterher denkt man sich: Hätte er ihn besser mal ausgeschaltet, doch zu spät: die bittere Ironie des Milieus hat bereits ihren Tribut gefordert.

Das Fass zum Überlaufen bringt vorher schon Kleinfeld, der Carlito ganz tief ins Schlamassel stürzt. Obwohl dieser gewissermaßen das nahende Unheil in Person des komplett aus den Fugen geratenen Advokaten gedanklich vorwegnimmt (“…seine Augen wurden von Tag zu Tag glasiger. Er merkte nicht, wie er immer mehr zum süchtigen und unberechenbaren Säufer verkam…”), kann er es nicht abwenden, weil er fälschlicherweise davon überzeugt ist, er müsse noch eine offene Rechnung mit Kleinfeld begleichen. In diesem heuchlerischen Umfeld ist aber gerade jener der mieseste Heuchler, da er seinen treuesten Auftraggeber rücksichtslos für eigene Zwecke instrumentalisiert, was schließlich beiden zum Verhängnis wird. Nachdem Kleinfeld den berüchtigten Mafioso Tony T. auf dem Boot getötet hat (übrigens meines Erachtens nach nicht aus Angst davor, dass er liquidiert wird, sondern aus purem Hass auf diesen Schlag von Menschen, der sich kurz zuvor bereits in einer Szene in Carlito`s Club äußerte, in der er einen Mann, der mit Gail tanze, beleidigte), befinden sich beide (Carlito als Zeuge) in der Zange zwischen dem “Gesetz”, der Polizei, und eben der italienischen Mafia. Denn Tony`s Verwandtschaft möchte sich um jeden Preis für den kaltblütigen Mord revanchieren. Der Zuschauer wägt sich nun in der Gewissheit, dass der titelgebende “Weg Carlito`s” peu á peu steil bergab führen und an dessen Ende der Tod stehen muss. Als er gen Ende die Kugeln aus der Kammer der Pistole seines Anwalts nimmt, was zu dessen Ermordung führt, ist sein eigenes Schicksal bereits besiegelt.

Getragen von einem grandiosen Cast- Sean Penn als schmieriges, koksendes Ekelpaket mit Lockenkopf hat noch mal eine besondere Erwähnung verdient- und einem poppig- souligen Soundtrack, der einen hörbaren Kontrast zu den Discoklängen aus “Scarface” bildet, gelang de Palma mit “Carlito`s Way” sein vielleicht letztes (kleines) Meisterwerk, das Versatzstücke seines bisherigen Oeuvres übernimmt und formal wie inhaltlich perfektioniert. Die Schlusssequenz, eine brutale Schießerei auf der Rolltreppe eines weitläufigen Bahnhofstrakts, der der Regisseur eine beinahe opernhafte Dramatik und Resonanz verleiht, ist etwa eine inoffizielle Rekapitulation im Geiste des Rolltreppen- Shootouts aus “The Untouchables” (1987). Am Ende stellt sich überdies nicht nur für Carlito die Frage, was unter “Freiheit” eigentlich zu verstehen ist. An einer Stelle des Films heißt es, dass man im Knast manchmal besser aufgehoben und freier sei als auf den Straßen New Yorks. Aber bedeutet das nicht im Umkehrschluss, dass “Freiheit” für Carlito im Diesseits eine ewige Illusion bleiben muss…!?

Klare  Sehr guter Film/Serie von mir
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