Quelle des BerichtsWer "Die Straßen von San Francisco" aus den 1970ern-Jahren wiedersieht, darf mit einer ordentlichen Portion Nostalgie, Idealismus und mit coolen Autos rechnen.
Die Erinnerung kann einem manchmal Streiche spielen. Beim Wiedersehen mit der Serie The Streets of San Francisco, die in den 1970ern, als ich noch ein Kleinkind war und von den Krimis meist nur den mit fetziger Musik unterlegten Vorspann samt Golden Gate Bridge sehen durfte, hatte ich gleich mehrere Offenbarungen.
Eines der Lieblingsspielzeugautos meines Bruders und mir war nämlich ein kaffeebrauner Ami-Schlitten aus den 1970er-Jahren, ein ziviles Polizeiauto mit magnetischem Rotlicht auf dem Dach und einem aus dem Fenster schießenden Beamten auf der Rückbank. Es war größer als ein Matchbox-Auto. In meiner Erinnerung war das jener wunderschöne Ford Galaxie, mit dem Karl Malden als Mike Stone und Michael Douglas als Steve Heller (der im englischen Original Keller hieß), bergauf und bergab, vorbei an den schönen alten Trams durch die coole Stadt flitzen.
Warm ums Herz
Auch als ich die Serie jetzt wieder sah, wurde mir warm ums Herz beim Anblick des Wagens. Doch eine Recherche auf Internetseiten für Vintage-Spielzeug, die dann länger als geplant wurde, ließ mich langsam verzweifeln. Ein solches Merchandise von den Straßen von San Francisco, wie die Serie, die von 1971 bis 1977 erstmals ausgestrahlt wurde, auf Deutsch hieß, gab es nicht.
Groß war meine Freude, als ich das Auto dann doch auf einer Seite entdeckte – mit Schrammen und splitterndem Lack wie in meiner Erinnerung: Es war glänzend braun, das stimmte, auch das Licht, das man bei spontanen Verfolgungsjagden vom Fahrersitz aus aufs Dach klatschen konnte, war da. Der Mann im blauen Anzug schoss aus einem Fenster von der Rückbank auf die Verfolger. Allerdings war es ein Buick Regal, und mit ihm fuhr der New Yorker Polizist Theodoros Kojak durch die Straßen von Manhattan.
West Coast
Der charismatische Telly Savalas, seine Glatze und sein Lolli prägten die Serie Kojak an der East Coast leicht zeitversetzt zu den Kollegen an der West Coast von 1972 bis 1978.
Übrig bleibt für mich, dass ich später beide Städte lieben lernte, noch immer zuerst auf die Farbe von Autos schaue und mir Modelle, die nach den 1970ern vom Band liefen, meist sowieso nicht gefallen.
Aber zurück in die Bay Area zu Stone und Heller. Auch hier geht es weiter mit falschen Erinnerungen. Ich hätte schwören können, dass es Malden war, der das einprägsame Kinn hatte, das an einen ... Pfirsich erinnerte. Das ist natürlich falsch: Es war das Kinn von Michael Douglas. Beide spielen jedenfalls Good Cops mit Herz. Stone, stets eher bieder im "Three Piece" mit Gilet gekleidet, kannte halb San Francisco persönlich. Sein jüngerer und lässigerer Kollege Inspector Heller hatte manchmal einen rein beruflichen Draht in die Halbwelt, wo ihm Sexarbeiterinnen schon mal für Cash einen Tipp gaben.
Team Resozialisierung
Detective Lieutenant Stone arbeitet auch als Basketballcoach mit Jungs aus der ärmeren Community, und manchmal wirkt die Serie wie eine Belangsendung für erfolgreiche Resozialisierung.
Nicht nur dann, wenn Stone auf einen sportlichen Schützling schaut, der Teil einer kriminellen Gang zu werden droht, oder auch bei einer Folge, in der es um häusliche Gewalt an Kindern geht. Die betroffenen Buben werden übrigens von Jugendlichen gespielt, die skurrilerweise viel zu erwachsen für ihre Rollen wirkten.
Bei der Folge Clown des Todes, in der ein als Clown verkleideter Killer umgeht, könnten übrigens vielleicht Auslöser für so manche Fälle von Coulrophobie (so nennen Fachleute eine "übertriebene" Angst vor Clowns) in der Kindheit gefunden werden. Die Folge lief 1976 – zehn Jahre bevor Steven King seinen später verfilmten Roman It publizierte.
Gastauftritte hatten u. a. der spätere Gouverneur Kaliforniens Arnold Schwarzenegger, Martin Sheen, Leslie Nielsen, Nick Nolte, Tom Selleck, Don Johnson, Robert Wagner und Stefanie Powers sowie Larry Hagman.
The Streets of San Francisco ist einer der Beweise in der Fernsehgeschichte, dass ein früher Erfolg als Serienfigur Schauspielende nicht für immer in eine Schublade sperren muss. Michael Douglas stieg 1976 aus der Serie aus, weil er als Produzent – etwa von Miloš Formans One Flew Over the Cuckoo’s Nest –und später als Filmschauspieler erfolgreich war. Sein Nachfolger Richard Hatch als Inspector Dan Robbins erreichte nie eine ähnliche Beliebtheit wie Douglas.
Wer "Die Straßen von San Francisco" aus den 1970ern-Jahren wiedersieht, darf mit einer ordentlichen Portion Nostalgie, aber auch Idealismus rechnen. Und mit coolen Autos, die in der Klimakrise freilich nur mehr fürs Museum taugen. (Colette M. Schmidt, 20.4.2024)