Eine einheitliche Meinung habe ich nicht zu dieser Serie, da die einzelnen Folgen zum Teil sehr unterschiedlich waren und Themen aus verschiedenen Genres bedienten. Überwiegend gab es die klassischen Detektivgeschichten, mal mit scheinbar harmlosen Bürgern als Tätern, mal mit Gangstern und Profi-Verbrechern. Besonders gefielen mir Folgen, die im klassischen Film noir-Stil doppelbödige Charaktere aufwiesen wie z.B. in der nicht in Deutschland gezeigten Folge
Stranger than fiction, in der Jeff Spencer die junge Frau eines wohlhabenden Geschäftsmannes in mittleren Jahren aufspüren soll und einige Überraschungen erlebt.
Dann gab es diverse Folgen aus dem Bereich Agenten/Spionage, die mit Stuart Baileys oder Jeff Spencers früheren Tätigkeiten bei der Spionageabwehr erklärt wurden, von denen ich insbesondere die Folgen extrem unrealistisch fand, in denen die Helden hinter dem Eisernen Vorhang mal eben z.B. vor der Enttarnung stehenden US-Agenten o.ä. aus der Bredouille halfen, wie in
Spark of Freedom.
Manche Folgen schienen eher aus dem Bereich der Abenteuerserien entliehen zu sein, wenn sich die Privatdetektive in Südamerika mit Revolutionären, Räubern u.ä. auseinandersetzen mussten. Davon gibt es einige, z.B. den 2-Teiler
Hot Tamale caper, von denen aber keine in Deutschland gezeigt wurden.
Ebenso gab es einige Folgen in der komödiantischen Richtung, wie z.B.
Fall mit drei Standpunkten, in der die Entstehung der Detektei auf drei verschiedene Arten erklärt wird, in der die jeweiligen Erzähler besonders gut wegkommen.
Zwischen vielen eher durchschnittlichen Folgen gab es auch echte Spannungs-Higlights wie die schon mehrfach erwähnte Episode
Fall ohne Worte, die ganz ohne Dialoge auskommt. Originell ist auch
Reserviert für Mr. Bailey, in der Stu Bailey in eine verlassene Geisterstadt gelockt wird. Er ist in der ganzen Folge die einzige Person, die zu sehen ist und es gelingt ihm, seinen Widersacher, der ihn auf perfide Art ermorden will, zu besiegen, ohne ihn zu Gesicht zu bekommen. Diese Folge gehört zu den zwar deutsch synchronisierten, aber "verschollenen" Folgen.
Spannend und originell finde ich auch die ebenfalls nicht in Deutschland gesendeten Folgen
Secret Island, in der Stu Bailey mit einigen anderen Überlebenden eines Flugzeugabsturzes auf einer einsamen Insel landet, die Zielgebiet für einen Wasserstoffbombentest werden soll, sowie
Attic, in der Jeff Spencer in eine ganz besonders aussichtslos scheinende Lage gerät.
Nach der fünften Saison kühlte sich in den USA die Begeisterung für die Serie allmählich ab und die neuen Produzenten
William Conrad (Cannon) und
Jack Webb (Sgt. Friday aus Polizeibericht/Dragnet) stellten das Konzept der Serie komplett um, so dass nur noch Efrem Zimbalist Jr. als Bailey übrig blieb. Möglicherweise wurden dadurch Kosten gespart, denn aus einer ganzen Gruppe von wahrscheinlich recht gut bezahlten Hauptdarstellern (Bailey, Jeff Spencer, Kookie, Roscoe, Suzanne, J.R. Hale und Lieutenant Gilmore) gab es dann nur noch einen mit einem Star-Gehalt.
Ich finde die 20 Folgen der während der Saison vorzeitig eingestellten 6. Staffel fast ein bißchen deprimierend. Aus dem meist gut gelaunten und etwas glamourösen Stuart Bailey wurde eine Art einsamer Wolf ohne soziales Umfeld, der lediglich seiner Sekretärin in einem kargen und meist im Halbdunkel liegenden Büro Berichte seiner Fälle diktiert. Dabei wurde die 6. Staffel mit einem in der Serien-Geschichte wahrscheinlich einzigartigen 5-Teiler mit dem "originellen" Titel
5 gestartet, in dem Bailey um die halbe Welt reist, um ein weit verzweigtes Komplott um im II. Weltkrieg geraubte Kunstschätze und alle möglichen exzentrischen Personen aufzuklären. Anfangs fand ich die Geschichte noch recht interessant, aber von Teil zu Teil kam mir die Story eher vor wie eine Art Räuber Hotzenplotz für Erwachsene. Aber auch den Amerikanern gefiel die Neuausrichtung nicht und dann war halt nach der 206. Folge Schluss. Für die Zuschauer war es wahrscheinlich so, als hätte man eine gut sortierte Pralinenschachtel gegen eine Tafel Schokolade vom Discounter eingetauscht.
Im Forum wird mehrfach beklagt, dass die ARD damals nur 61 der 206 Folgen ausgestrahlt hat. Tatsächlich gab es damals keine ausländische Serie, von der so viele Folgen gezeigt wurden. Von
Perry Mason z.B. gab es seinerzeit nur 23 von 271 Folgen. Ausländische 50-Minuten-Krimiserien wurden nur sporadisch gezeigt und erst ab ca. 1966 gab es in ARD und ZDF einen regelmäßigen wöchentlichen Sendetermin für solche Serien, während in den USA jeden Abend gleich mehrere liefen. Hinzu kam, dass sich amerikanische und englische Krimiserien die beiden Sendetermine teilten, so dass schon organisatorisch nur ein ganz kleiner Teil der ausländischen Krimi-Produktionen den Sprung ins deutsche Fernsehen schaffte.
Erst durch das Privatfernsehen wurden von vielen Serien auch die restlichen Folgen synchronisiert. Davon waren aber überwiegend nur die Farbserien betroffen. Von den Schwarzweiß-Serien waren es nur wenige, wie z.B.
Perry Mason,
Die Unbestechlichen und immerhin rund 20 weitere Schwarzweiß-Folgen von
Auf der Flucht, sowie später für Arte synchronisiert alle verfügbaren Anfangs-Episoden von
Mit Schirm, Charme und Melone.
Die zahlreichen Schwarzweiß-Folgen von
Simon Templar oder die 50-Minuten-Episoden von
Geheimauftrag für John Drake,
Kein Fall für FBI,
Checkmate und vielen anderen Serien sind in der Versenkung geblieben. Aber immerhin läßt sich das meiste davon auf Englisch auftreiben.