Zu fast jeder Serie, von der ich mehrere Folgen gesehen habe, habe ich eine klare Meinung, aber an
Miami Vice habe ich ganz unterschiedliche Erinnerungen, die von klasse bis fürchterlich reichen.

Meine erste Begegnung mit der Serie war
1985, als bei uns der wöchentliche Auslandsserientermin bei
ARD und
ZDF noch mit
Dallas und
Denver-Clan belegt war, die Soap-"Hysterie" aber langsam abebbte. Miami Vice startete im niederländischen Programm und ich sah mir die Serie an, weil es ansonsten fast nichts an ausländischen Krimsierien gab.
Ich erinnere mich, dass die ersten Folgen fast eine Qual waren. Auf Englisch mit niederländischen Untertiteln, oft mäßiger Bildqualität und Slangsprache. Hinzu kam, dass mir sowohl die "Helden" wie die Gangster gleichermaßen unsympathisch waren und auch noch oft angereichert mit hektisch und überdreht quatschenden Nebenfiguren.

Aber dann entwickelte die Serie nach und nach einige Qualitätsbausteine, die dazu führten, dass Miami Vice bei mir deutlich in der Gunst stieg. Als erstes hat mich die Musik von
Jan Hammer beeindruckt, die eine ganz besondere Wirkung hat. Für mich klingen viele Stücke nach gehobenem Lifestyle und gleichzeitig melancholisch.
Neben Hammers Musik wurden auch viele bekannte Popsongs genutzt, die den Szenen eine besondere Stimmung verleihen. Insbesondere erinnere ich mich an den Song von
Foreigner I want to know what love is in der bittersüßen Folge
Trip ins Jenseits / Rites of passage, in der
Pam Grier (später
Jackie Brown in dem gleichnamigen Film von
Quentin Tarantino) eine Hauptrolle als Tubbs frühere Freundin spielt.
Der nächste Qualitätsbaustein war für mich, als
Edward James Olmos in der 6. Folge
Unter Haien als
Lieutenant Castillo der neue Chef von Crockett und Tubbs wurde. Da ich die Serie fast immer nur im Original gesehen habe, beeindruckte mich seine heiser-rauchige Stimme und seine ruhige Art, hinter der man aber Entschlossenheit und Kraft spürte.
Mit der 7. Folge
Blinde Wut gab es auch zum ersten Mal ein mich ansprechendes Drehbuch, in dem nicht nur gelackte bis durchgeknallte Gangster rumliefen.
Bruce Willis spielt hier einen gefährlichen Waffenhändler. Dessen Frau Rita ist eine der ersten smpathischen Personen in der Serie und man hat echt Angst um sie.

Allmählich entwickelten sich die anfangs sehr schablonenhaften Akteure zu menschlich interessanten Charakteren und auch die Drehbücher stellten nicht mehr nur Bandenkriminalität in den Vordergrund. Richtig gut fand ich dann die Staffeln 2 und 3, während es ab der 4. Staffel wieder kippte. Ich hatte den Eindruck, dass die Produzenten ihr "Markenprodukt" noch weiter hochstilisieren und immer neue Highlights schaffen wollten, wodurch der eigentliche Charakter der Serie verloren ging. Tubbs bekam für eine Saison einen Vollbart, Crockett wurde immer mehr zum Modeprinzen mit neu gestylten Frisuren und Klamotten, eine Hochzeit mit einer berühmten Popsängerin, gespielt von
Sheena Easton, irgendwann Gedächtnisverlust mit Wandlung zum Gangster für einige Folgen und wieder zurück, über
Don Johnson las man ständig neue Eskapaden in der Zeitung ... ich glaube, irgendwann reichte es mal mit dem ganzen Zauber und nach der 5. Staffel war dann Schluß.
Ende 1986 startete Miami Vice in Deutschland, da ich aber alle Folgen vorher schon im niederländischen TV gesehen hatte, kam mir die deutsche Synchro immer etwas unwirklich vor.
Als Fan von Serien der 60er und 70er Jahre ist
Miami Vice für mich quasi "Neuzeit" und hochmodern.

Gleichzeitig ist mir aber auch bewußt, dass Miami Vice 1984 startete, was jetzt schon 40 Jahre her ist. Für die Generation Z sind die Abenteuer von Crockett und Tubbs wahrscheinlich Reliquien aus der Steinzeit ...
