Metropolis Auferstehung aus SchnipselnDer deutsche Stummfilmklassiker Metropolis steht nach der Restaurierung vor einer neuen Urauffhrung in Originallnge.
So nahe waren wir der Fassung von der Erstauffhrung 1927 noch nie, sagt die Filmwissenschaftlerin Anke Wilkening von der Wiesbadener Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, wo der Streifen derzeit neu ersteht. Auch wegen seiner schmerzlichen Unvollstndigkeit ist Metropolis zum Kultfilm geworden, sagt Wilkening. Doch das werde er auch bleiben, wenn er erst einmal in seiner wiedergewonnenen originalen Erzhlstruktur zu sehen sein wird.
In smtlichen, aus den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts erhaltenen Kopien von Metropolis, dem bekanntesten Werk des in Wien geborenen Regisseurs Fritz Lang (1890-1976), fehlten ber 70 Jahre lang immerhin 30 Filmminuten. Bis wir vergangenen August eine Mail bekamen, erzhlt Wilkening. Das Filmmuseum im argentinischen Buenos Aires hatte gemailt, im Besitz einer Fassung zu sein, die eine halbe Stunde lnger sei als alle anderen. Der Filmwissenschaftlerin stockte der Atem. Metropolis, so stellte sich tatschlich heraus, hatte in Sdamerika in einer Fassung von 1927 berlebt.
Langs Klassiker erzhlt die Geschichte des Liebespaars Freder und Maria, das gegen Freders Vater, der die utopische Stadt. Metropolis erbaut hat und beherrscht, rebelliert. Am Ende des Films gilt vor allem wegen seiner futuristischen Ausstattung als wegweisend.
Um 1930 herum, als die regulre Kinokarriere von Metropolis beendet war, hatte ein argentinischer Cineast die Kopien erworben und fortan im privaten Kreis vorgefhrt. Aus Geldgrnden verkaufte er den Film in den 60er Jahren an eine einheimische Kulturstiftung, von dort wanderte er spter in das Museum. Wenn wir Metropolis restauriert haben, wird er in einer digitalen Fassung vorliegen, sagt Wilkening. Der Stummfilm wird als Datensatz weiterleben, nicht als Zelluloidrolle unter einem Blechdeckel. Basis wir eine von 2001 datierende restaurierte Metropolis-Fassung der Murnau-Stiftung sein. Der Abgleich der beiden Versionen war diffizil, berichtet Wilkening. Es hatte ja keiner 30 Minuten an einem Stck herausgeschnitten. Da das mit legendren Filmbauten ausgerstete Befreiungsepos ber die futuristische Stadt in den Fngen ihres elitren Erbauers an der Kinokasse kein Erfolg war, hatten die Verleiher so fundamentale wie riskante Krzungen durchgesetzt. Die Fassung, wie sie im Berliner Zoopalast 1927 vier Wochen zu sehen war, ging verloren.
Um den im Februar fertiggestellten Rohschnitt des reanimierten Klassikers originalgetreu zu vollenden, werden sich die Murnau-Leute auch der bis heute erhaltenen Filmmusikpartitur bedienen. Die Notation ist an bestimmten Takten fortlaufend mit Schnittkennungen wie Explosion oder Kussszene versehen, so dass sich das revoltierende Liebespaar Freder und Maria auch in der neuen digitalen Fassung nie zum falschen Zeitpunkt in den Armen liegen wird.
,Metropolis hat mit den 30 Minuten nicht nur in seiner vernderten Erzhlstruktur gewonnen, resmiert Wilkening. Auch Nebenfiguren, die fr Lang immer wichtig waren, sind nun wieder ganz gezeichnet. Die eigentliche Restaurierung des extrem mitgenommenen argentinischen Materials steht nun noch bevor. Die Murnau-Stiftung, an der Bund und die private Filmwirtschaft beteiligt sind, rechnet mit Einstellungskosten von mindestens 500.000 Euro und ber einem halben Jahr Arbeitszeit. Nur anhand von Szenenstandfotos, die seinerzeit auch bei der Aushang- und Plakatwerbung fr den Film verwendet wurden, konnte Wilkening bisher das eigentliche Metropolis atmosphrisch erahnen. Nicht blo fr die 35-jhrige Filmwissenschaftlerin drfte mit der Mail aus Buenos Aires eine Sehnsucht in Erfllung gegangen sein.
Die nach dem deutschen Filmregisseur Friedrich Wilhelm Murnau (1888-1931) benannte Stiftung betreut seit 1966 das seinerzeit von den Alliierten beschlagnahmte reichseigene Filmvermgen. An der Einrichtung sind Bund und Filmwirtschaft beteiligt, als Stiftungskapital gilt das Filmgut, das Lizenzgebhren einbringt. Das Institut besitzt ber 2000 Stumm und rund 1000 Tonfilme.
(Quelle: Usinger Anzeiger, vom 10.03.2009)
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