CI-5: DIE PROFIS FANBOARD
März 28, 2024, 01:25:02 *
Willkommen Gast. Bitte einloggen oder registrieren.

Einloggen mit Benutzername, Passwort und Sitzungslänge
News:
 
   Übersicht   Hilfe Suche Einloggen Registrieren  
Meine anderen Foren und Homepages
Seiten: [1]
  Drucken  
Autor Thema: Das Ende der Strasse (Dead Street) (Von Mickey Spillane) (2007)  (Gelesen 1138 mal)
Bodie
Administrator / CI-5 CHEF
Vollwertiger CI-5 Agent
*****
Offline Offline

Beiträge: 4123


aka Dan Tanna Spenser


WWW
« am: August 22, 2013, 02:09:46 »

Mickey Spillane schrieb diesen Roman zusammen mit Max Allan Collins

20 Jahre lebt der New Yorker Ex-Cop Jack Stang mit der Erinnerung an den Tod seiner Freundin. Sie kam bei einer versuchten Entführung ums Leben. Doch was, wenn sie in Wahrheit gar nicht tot ist? Wenn sie überlebt, aber ihr Gedächtnis und alles andere, was sie besaß, verloren hat? Alles bis auf ihre Feinde?

Kritik:
 Nach dreißig Jahren hat Captain Jack Stang genug vom Polizeidienst. Die Zeiten haben sich geändert und ihn, der sich einen Namen als rabiater »Shooter« machte und nie daran glauben mochte, dass Gangster auch Menschen sind, definitiv zurückgelassen. Sein altes Revier wird abgerissen, Stang fühlt sich entwurzelt, als Tierarzt Dr. Thomas Price ihn aufsucht und mit einer seltsamen Geschichte zwei Jahrzehnte in die Vergangenheit zurückwirft.

Einst war Jack Stang unsterblich verliebt in die junge EDV-Spezialistin Bettie Brice. In ihrem Job musste sie eines Tages zufällig auf etwas gestoßen sein, das sie definitiv nicht sehen sollte, denn die Mafia entführte sie. Die Befreiung scheiterte, Bettie schien in dem Fluss ertrunken zu sein, in den der Wagen der Kidnapper während der Verfolgungsjagd stürzte. Doch Prices Vater zog sie flussabwärts aus dem Wasser – ohne Gedächtnis und blind. Aus der Presse erfuhr er von Betties Status als Zielobjekt der Mafia. Er adoptierte die junge Frau, stattete sie mit einem reichen Erbe aus und siedelte sie in Florida und damit weit vom Schuss an. In der Seniorenwohnanlage Sunset Lodge, in der hauptsächlich pensionierte Polizeibeamte leben, führt sie seither ein behütetes Leben.

Nun ist Price senior gestorben. In seinem Testament hat er verfügt, dass Stang an seine Stelle treten und auf Bettie aufpassen soll. Die alte Liebe flackert wieder auf, obwohl Bettie sich an ihren Jack nicht erinnert. Doch auch die Mafia ist immer noch auf der Hut, Betties Todesurteil weiterhin gültig. Stang muss noch einmal aktiv werden, um einem unglaublichen Komplott auf die Schliche zu kommen, das ein ihm wohlbekannter Schurke eingefädelt hat. Der Gegner schläft nicht, aber Jack Stang ist entschlossen, sich sein spätes Glück mit Bettie zu bewahren – um jeden Preis …
Der Tod ist keineswegs das Ende

Wenn alte und womöglich erfolgreiche Schriftsteller das Zeitliche segnen, wird der Nachlass intensiv gesiebt. Es geht nicht um versteckte Goldmünzen, sondern um wesentlich Lukrativeres: Wohl jeder Autor hat mindestens eine Schublade, in der er Texte hortet, die er nie fertigstellte oder mit denen er so unzufrieden war, dass sie unveröffentlicht blieben. Hat er sich nicht früh genug von diesen Manuskripten trennen können, muss er sich auf Wolke Sieben tüchtig ärgern, denn solches Material kommt unweigerlich zur Veröffentlichung.

Mickey Spillane starb als sehr alter und vermögender Mann. Allerdings blieb er weder körperlich noch geistig von den Malaisen des Alters verschont. Seine Arbeitsweise hatte sich schon früher gravierend geändert; was er einst nach eigener Auskunft in wenigen Tagen geschrieben bzw. in die Maschine gehackt hatte, schritt nun langsam voran, wurde vielfach überarbeitet und blieb oft doch Stückwerk.

Seit mindestens zehn Jahren arbeitete Spillane an »Dead Street«, und die Idee ist sogar noch älter, wie Max Allan Collins in seinem Nachwort berichtet. Als Spillane im Juli 2006 starb, lagen acht von elf Kapiteln und Notizen für den Schluss vor. Der Schriftsteller hatte Collins gebeten fertigzustellen, was er selbst nicht mehr abschließen konnte. Das betraf übrigens nicht nur »Das Ende der Straße«. In den nächsten Jahren wird Spillane deshalb auf dem Buchmarkt mit ´Neutiteln´ präsenter denn je sein.
Ein Cop ist ein Cop ist ein Cop ist ein …

»Das Ende der Straße« ist der erste der ´postumen´ Spillane-Romane. Erzählt wird eine ebenso simple wie solide Geschichte: Ein alter Cop stößt auf einen offenen Fall und muss noch einmal alle Register seines Könnens ziehen. Das schließt Spillane-typisch kriminalistische Erfahrung und kurzentschlossene Gewalt gleichrangig ein.

Jack Stang (1923-1996) hieß ein Polizist, mit dem Spillane eng befreundet und der in den 1950er Jahren einer Karriere als Schauspieler nicht abgeneigt war. Der Autor sah im Freund die ideale Verkörperung seiner Bestseller-Figur Mike Hammer, doch Stang kam in Hollywood nicht an. Mit »Das Ende der Straße« setzte ihm Spillane ein kleines Denkmal. ´Sein´ Jack Stang ist ein Relikt aus der Vergangenheit – gerade heraus, wenig diplomatisch, der Rächer stets dicht unter der Oberfläche des Gesetzeshüters. Mit Mike Hammer teilt Stang die Liebe zum alten Automatik-Colt des Kalibers 45; keine raffinierte, sondern eine effektive Waffe, deren brutale Wirkung Spillane mit der ihm eigenen Wortgewalt (Achtung: doppeldeutig!) zu schildern weiß.

Dabei ist »Das Ende der Straße« kein Roman, der in Brutalitäten schwelgt. Über dem Geschehen hängt stattdessen ein Hauch von Abschied und Resignation. Die Zeiten ändern sich, doch das Neue kann erst kommen, wenn das Alte endgültig abgewickelt ist. In der »toten Straße«, die Jack Stang gen Florida verlässt, treiben sich noch einige Gespenster der Vergangenheit herum. Erst wenn er die vertrieben hat, kann Stang mit Bettie ein neues Leben beginnen.
Zuviel Vergangenheit oder zuviel Drama?

Vielleicht hätte Spillane sogar ein wenig heftiger auf die Tube drücken sollen. Seine Geschichte kommt erst richtig in Fahrt, als die Fetzen zu fliegen beginnen. Bis es soweit ist, irritieren den Leser des 21. Jahrhunderts diverse Anachronismen, die »Das Ende der Straße« als Produkt einer vergangenen Ära outen.

Der Plot ist höchstens unter dem Prädikat »Trash-Crime« goutierbar. Das von Spillane entworfene Komplott um Mafiosi und Terroristen ist lächerlich; würde das organisierte Verbrechen so wirr und umständlich arbeiten, hätte es sich ohne Einmischung durch die Polizei oder die Bundesbehörden selbst erledigt. In diesem Punkt ist sich Spillane treu geblieben: Realistisch waren seine Krimis nie. Wenigstens die wütenden bzw. unkontrollierten Attacken gegen Kommunisten, Liberale, Feministen u. a. Weicheier erspart Spillane dieses Mal sich und seinen Leser; sie machen Platz für fast altersmilde Klagen über den kriminellen Wahnsinns des globalen Terrors, die womöglich von Collins eingefügt wurden.

Auch Betties Schicksal ist reiner Pulp, den der Leser nur unter Ausschaltung des Logiksektors verkraftet. Alte Liebe mag nicht rosten, doch sie kommt besser nicht so theatralisch oder sentimental daher wie in diesem Fall. Kein Auftritt vergeht ohne schmalzige Oden an Betties unverwelkte Schönheit, obwohl der Leser definitiv begriffen hat, dass Captain Stang unsterblich verliebt ist.
Profi am Werk

Zu den abstrusen gesellen sich erfreulicherweise gelungene Einfälle. Bizarr aber unterhaltsam ist Spillanes Schöpfung einer Rentnerstadt, die hauptsächlich von Ex-Polizisten bevölkert wird. Sie setzen ihren Dienst wie gewohnt fort und sind dabei besser bewaffnet als manche militärische Kampfeinheit. Sunset Lodge wirkt wie eine Karikatur, doch Spillane gestaltete die Siedlung nach einem realen Vorbild, das ihn sehr faszinierte. Fast direkt gegenüber platziert er eine entsprechende Siedlung, die von ´pensionierten´ Mafiosi bevölkert ist. Diese Konstruktion stellt man sich in der Realität lieber nicht vor, obwohl es auch dafür Vorbilder gibt.

Wie hätte Spillane das Finale gestaltet? Collins inszeniert es als Verbeugung vor dem Altmeister der offenen Gewalt, der für seine freiherzigen Schilderungen unverhohlener Selbstjustiz garstig kritisiert wurde. Captain Stang lässt die 45er sprechen und schafft das Böse zumindest aus seiner Welt. Ein wenig ungelenk muss Collins den absurden Plot um geraubtes Uran noch einmal aufgreifen; er bleibt klugerweise vage, denn dieser Anachronismus lässt sich nicht damit aus der Welt schaffen, indem der Verfasser Stang eifrig sein Handy benutzen und nach verschollenen Disketten – es sind tatsächlich noch Floppy-Disks ... – fahnden lässt.

Obwohl Collins Mickey Spillane direkt neben Raymond Chandler, Dashiell Hammett und Agatha Christie (!) stellt und viele lobende oder besser ehrfürchtige Worte über den verstorbenen Freund und Lehrmeister verliert, ist »Das Ende der Straße« kein Abschied auf der Höhe eines literarischen Gipfels. Diesen Roman konnte auch Collins nicht in der Gegenwart erden. Er lässt aber anklingen, was Spillane für das Genre in den 1950er und 60er Jahren bedeutet haben muss, und kündet von einer gewissen schriftstellerischen Weiterentwicklung (die Spillane vermutlich entrüstet abgestritten hätte, weil sie seinem raubauzigen Image widersprach). Außerdem ist er lesbar. Wirklich gut ist er nicht. Seinen eigentlichen Zweck wird er jedoch erfüllen und wie alle Spillane-Werke gutes Geld einbringen.

« Letzte Änderung: August 22, 2013, 12:25:57 von Bodie » Gespeichert

Spenser: "Es braucht schon einen harten Mann, um ein zartes Hühnchen zuzubereiten"

DAS SIND MEINE ANDEREN FOREN 
http://tvparadies.net/fs_forum/index.php?topic=7704.msg104742#new

***SPENSER***
Bodie
Administrator / CI-5 CHEF
Vollwertiger CI-5 Agent
*****
Offline Offline

Beiträge: 4123


aka Dan Tanna Spenser


WWW
« Antworten #1 am: August 22, 2013, 02:11:05 »

Habe ich mir ausnahmsweise als Hörbuch geholt, passt immer gute auf dem Arbeitsweg hin und zurück Happy Zudem liesst Reiner Schöne solche Sachen wirklich klasse.

Habe das Hörbuch nun fertig und es hat mir wirklich sehr gut gefallen. Obwohl es anfänglich etwas schwerfällig war und nicht so richtig Krimispannung aufkam, stieg der Pegel immer mehr stetig an und entwickelte sich zu einem höchstspannenden Fall mit der unmissverständlichen Handschrift eines Mickey Spillane - alleine schon, was viele Dialoge angehen und die detailgetreue Art im Pistolenkampf. Rainer Schöne war einfach perfekt als Vorleser und sicher auch der einzige, der das Buch so rüberbringen konnte, wie es rübergebracht werden mußte. Das Ende war auch klasse...wenngleich ich auf einen anderen Verräter bei der Polizei getippt hatte. Ansonsten kann ich mich dem Zitat nur anschliessen: "Dieses Buch ist treffend wie ein Faustschlag" Grinsen

Ich kanns wirklich nur empfehlen, Spillane schaffte es, seine 40ger Jahre Art gekonnt in die heutige Zeit hineinzuversetzen und schaffte mit Jack Stang einen sympathischen, wenngleich auch sehr zynischen und auf der anderen Seite auch gefühlvollen Menschen, einen waschechten klassischen New Yorker Bullen, wie ihn nur Spillane hätte kreieren können. Zugleich passte Spillane auch Jack Stang sein Alter mit knapp 60 Jahren an und machte auch ihm keinen Übermenschen , was Spillane sowieso nie getan hatte.

Gespeichert

Spenser: "Es braucht schon einen harten Mann, um ein zartes Hühnchen zuzubereiten"

DAS SIND MEINE ANDEREN FOREN 
http://tvparadies.net/fs_forum/index.php?topic=7704.msg104742#new

***SPENSER***
Seiten: [1]
  Drucken  
 
Gehe zu:  


Meine anderen Foren und Homepages

RECHTLICHER HINWEIS!
Das Landgericht Hamburg hat im Urteil vom 12.05.1998 entschieden, daß man durch die Aufbringung von Links die Inhalte der gelinkten Seite ggf. mit zu verantworten hat. Die kann - so das LG - nur dadurch verhindert werden, daß man sich ausdrücklich von diesen Inhalten distanziert. Für alle Links auf diesem Forum gilt: Ich, der Eigentümer dieses Forum, betone ausdrücklich, daß ich keinerlei Einfluß auf die Gestaltung und die Inhalte der gelinkten Seiten habe. Deshalb distanziere ich mich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten auf dem gesamten Forum inklusive aller Unterseiten. Diese Erklärung gilt für alle auf der Homepage tvparadies.net und tvparadies.net/ci_5 (Das Profis Fanboard - Forum) angebrachten Links und für alle Inhalte der Seiten, zu denen Links führen.
Powered by MySQL Powered by PHP Powered by SMF 1.1.8 | SMF © 2006, Simple Machines LLC Prüfe XHTML 1.0 Prüfe CSS
Seite erstellt in 0.077 Sekunden mit 20 Zugriffen.