Plot:Mit "Spectre" wurde eine mit Craigs vorhergehenden 3 Bond-Filmen eng zusammenhängende Handlung erdacht, die einen sehr wirkungsvollen Spannungsbogen aufbaut, der sich primär aus der Frage ergibt, wer der angeblich tote Franz Oberhauser eigentlich wirklich ist und in welcher Verbindung er zu Bonds Kindheit und Jugend steht. Weiters geht es um das Wesen einer übermächtigen Verbrecherorganisation. Der Film präsentiert eine böse, kalte und grausame Welt, was auch durch die düster gestaltete Farbgebung unterstrichen wird. Als Zuseher bekommt man keine knallbunte Bilderbuch-Geschichte präsentiert, sondern wird mit recht gedämpften Farben und vielen dunklen Aufnahmen konfrontiert, was durchaus an das "Film-Noir-Genre" erinnert.
Brutale Grausamkeiten werden genausowenig ausgespart, wie ein geradezu erschreckender Realitätsbezug, der vor Allem die totale Überwachung im Sinne von George Orwell und die Infiltrierung sämtlicher wichtiger Einrichtungen durch eine kriminelle Superorganisation betrifft. Die Unsicherheit elektronisch vernetzter Daten ist ein weiterer Punkt.
Der vorliegende Streifen nimmt auch sehr stark auf die frühen Bond-Filme der 60er-Jahre Bezug, zog sich doch die Organisation Spectre wie ein roter Faden durch die Filmhandlungen der Connery-Abenteuer. Bereits in "Dr.No" wurde sie, zumindest im Originalton, genannt. In der deutschen Synchro hieß sie dort noch GOFTER und nicht, wie später, Phantom. Jene Szene, in der Spectre seine geheime Konferenz zur Besprechung sämtlicher globaler krimineller Aktivitäten abhält, erinnert deutlich an jene in "Feuerball", ist allerdings düsterer, kälter und grausamer gestaltet. Das Wesen dieser grundbösen und menschenverachtenden Organisation wurde auf sehr effektive Weise neu dargestellt, wobei Spectre eine doppelte Bedeutung hat. Einerseits ist es das englische Wort für Geist oder Phantom, andererseits die Abkürzung für "Special Executive for Counterintelligence, Terrorisem, Revenge and Extortion". Spectre ist praktisch allgegenwärtig und überall vernetzt.
Bösewichter:Und wieder einmal ist der Superschurke deutschsprachig. Franz Oberhauser alias Ernst Stavro Blofeld wird von dem Österreicher Christoph Waltz (geb.1956) dargestellt, wobei er sämtliche seiner Vorgänger in den Schatten stellt. Unmenschlich, beispiellos grausam und geradezu seelenlos ist seine Interpretation des Blofeld perfekt gelungen und schlägt damit sogar jene von Telly Savallas. Er ist bereits der 6. Darsteller in dieser Rolle. Mit Ausnahme von Telly Savallas vermochte bisher kein Schauspieler Blofeld "aus der Nähe betrachtet" einigermassen wirkungsvoll darzustellen. Max von Sydow hatte nur kurze Auftritte, Donald Pleasance blieb mittelmäßig. Charles Gray und der "gesichtslose" Blofeld aus "In tödlicher Mission" waren bestenfalls Lachnummern. Bemerkenswert ist, dass Waltz als Blofeld nicht getötet, sondern lediglich verhaftet wird, was wohl auf eine Rückkehr hoffen lässt.
Ein weiterer gelungener Bösewicht ist der Ire Andrew Scott (geb.1976) als selbstsicherer Max Denbigh, der Fans der Serie "Sherlock" als Moriarty, Erzfeind des Titelhelden, bestens bekannt ist. Aufmerksame "Bond"- und "Sherlock"-Fans werden sehr rasch erahnen, dass Max Denbigh zu Spectre gehört.
Eine sehr gute Figur als brutaler und grausamer Handlanger Mr.Hinx macht der hühnenhafte und muskulöse amerikanische Schauspieler und Wrestler Dave Batista (geb.1969). Bei etwas ausführlicherer Darstellung hätte er durchaus an Robert Shaw heranreichen können.
Bondgirls:Die Italienerin Monica Bellucci (geb.1964), naja, ist mittlerweile schon etwas alt, was nicht mehr versteckt werden kann. Zumindest hält sie mit 50 Jahren den Altersrekord bei den Bond-Girls und ist dafür noch recht gut erhalten. Frisch und unverbraucht dagegen wirkt die Französin Lea Seydoux (geb.1985). Sie ist hübsch, recht markant und rein schauspielerisch auch ganz passabel.
Titelsong:Der Titelsong "Writing's on the Wall" von dem Briten Sam Smith (geb.1992) hat mir ursprünglich gar nicht gefallen. Allerdings wird das Lied durch die sehr gelungene Ikonografie im Vorspann deutlich aufgewertet. Es wird ein Riesenoktopuss, dessen Tentakel die vielen Arme von Spectre und dessen Kopf das Oberhaupt darstellen, gezeigt. Auch erscheinen zahlreiche Gesichter von Charakteren aus Craigs vorangegangenen Bondfilmen. Dies erinnert etwas an den Vorspann von "Im Geheimdienst Ihrer Majestät". Der Titel des Songs ist eigentlich eine Redewendung aus der Bibel, die ein drohendes Unheil verkündet. Der Text ist im Grunde recht interessant. Fazit: Mittelmäßig klingender, aber inhaltlich ansprechender Song, toller Vorspann.
Gadgets:Der Streifen ist mit Gadgets eher zurückhaltend, was aber, ähnlich wie bei einigen älteren Bondfilmen, neben der sehr unterhaltsamen Handlung wohldosiert wirkt. Bond erhält von Q eine Omega-Uhr mit "besonders lauter Alarmfunktion", sprich: Explosionsmodus, was ihm während seiner Folter das Leben rettet. Er fährt einen Aston Martin DB 10 mit Feuerwerfer, Schleudersitz mit Fallschirm, und einer, leider nicht funktionierenden, Schußvorrichtung. Nachdem er suspendiert wird, bekommt er eine Flüssigkeit mit Mikrochips gespritzt, wodurch Körperfunktionen und Aufenthaltsort überwacht werden sollten.
Schauplätze:Der Film hat eine düstere und wenig farbenprächtige Bildersprache. Am besten wirken die in Österreich handelnden Szenen, welche in Tirol und der Steiermark (Sölden, Altaussee, Obertillach, Kartitsch) gedreht wurden, und eine wunderbare verschneite Berglandschaft zeigen. Weitere Dreh- und Handlungsorte sind London, Rom, Mexiko-City und Marokko. Allerdings erscheinen die genannten Orte, eine rauhe und böse Welt wiederspiegelnd, wie bereits erwähnt, nicht sehr bunt.
Fazit:Spannender und düsterer Streifen, mit einer sehr originellen Handlung, der charakteristische Elemente aus den ursprünglichen Bond-Filmen ausgesprochen wirkungsvoll wiederbelebt. 4,5 von 5 Punkte