Dwight Schultz: Im Interview und auf der BühneIm Interview und auf der Bühne
von Thomas KohlschmidtAm Samstag, dem 4. November 2000 konnte ich auf der Galileo-7-Convention in Bremen Dwight Schultz interviewen, den alle Trekker als Lt. Barclay aus TNG, Voyager und ´First Contact´ kennen.
Ich traf ihn in der Lounge des Congress Centrums Bremen, und er erwartete mich freundlich lächelnd, nachdem das vorige Presse-Team gegangen war. Auf den ersten Blick wirkte Dwight Schultz sehr viel ruhiger und gefestigter als seine Rolle des Lt. Barclay. Diese total andere Ausstrahlung ließ mich für ein paar Sekunden stutzen, zumal der Mann auch eine dünn eingefasste Goldrandbrille trug. Aber er war es, das war nach wenigen Sätzen klar!
Als erstes fragte ich ihn, wie er es sich erklärt, dass die Rolle des Lt. Barclay so außerordentlich beliebt bei den Fans ist. Lt. Barclay tritt nur in wenigen Episoden auf, hat aber einen enormen Fan-Kreis. Wieso bloss?
Dwight Schultz lachte und erklärte mir seine Theorie dazu: An Bord der Enterprise sind alle Leute Halbgötter. Sie sind nahezu perfekte Vorbilder und sind souverän in allem, was sie tun. Lt. Barclay dagegen ist der einzig ´normale Mensch´ an Bord: Er ist unsicher, schwitzt, hat Probleme mit anderen Menschen und fällt aus dem perfekten Rahmen. Er ist so, wie die meisten echten Menschen. Deshalb kann man sich so prima mit ihm identifizieren!
Außerdem ist er selbst - Dwight Schultz - im wahren Leben dem Lt. Barclay sehr ähnlich. Er stottert, vergisst Theater-Texte und stellt sich bei Partys immer mit dem Rücken zu Wand und beobachtet die Leute. Außerdem kennt er in New York einen Musiker, der so ist wie Barclay. (Dieses Authentische spürt der Fan wohl!)
Als nächstes fragte ich ihn, ob er denkt, dass die Barclay-Folge ´Hollow Pursuits` eine Kritik an Star Trek Fans ist: Hier spielt er einen Mann, der mit der Realität nicht klar kommt und sich deshalb im Holodeck eine Traumwelt erschafft.
Dwight Schultz verneinte das entschieden. Das Gegenteil sei der Fall: Die Folge sei eine Hommage an die Fans. Hier würde ein Mann durch die Kraft seiner Träume und die Hilfe seiner Freunde im realen Leben Großes vollbringen können!
Zum Thema Star Trek allgemein sagte Dwight Schultz, er glaube zwar nicht, dass die Menschheit eine so positive Zukunft vor sich hätte, wie sie in Star Trek gezeigt würde, dazu gäbe es heute zu viele schlimme Probleme, aber Star Trek sei ein Symbol für Hoffnung. Hoffnung sei eine wichtige Sache, um in dieser harten Welt die Kraft zu erlangen, vielleicht wenigstens einiges besser machen zu können. Insofern sei Star Trek eine wichtige Sache!
Über sich selbst sagte er, er sei sehr interessiert an Politik, Philosophie und Naturwissenschaften. Er verfolge besonders die Vorgänge im Internet sehr genau, da er meint, das Internet wäre eine wahrhaftig demokratische Angelegenheit. Endlich könnte jeder seine Ideen, Meinungen und Erkenntnisse frei verbreiten, ohne dass irgendjemand ihn unterdrücken könnte. Er selbst liest sehr viel im neuen Medium.
Auf meine Frage, ob er denn eine eigene Homepage habe oder sogar wie Garrett Wang (Harry Kim) mit den Fans ab und zu chatten würde, verneinte er dies entschieden! Nein, er sei nicht an einer aktiven Präsenz interessiert. Er sei lieber stiller Beobachter, so wie Barclay!
Am nächsten Tag hörte ich Dwight Schultz´s Sonntags-Panel, wo noch einige neue interessante Punkte zu erfahren waren:
Er erzählte, dass er schon von Kindesbeinen an SF-Fan gewesen sei, und Filme wie ´The Day, the Earth stood still´ und ´Them´ verschlungen habe. Von Anfang an habe er sich gewünscht, da einmal mitmachen zu können und Teil der SF-Szene zu werden.
Aber im Traum hätte er nicht zu hoffen gewagt, einmal bei ´Star Trek´ dabei zu sein.
Zu ´Star Trek´ ist er u.a. über Woopy Goldberg gekommen, die er bei Dreharbeiten zu gemeinsamen Kinofilmen, z.B. zusammen mit Sissy Spacek, in New York kennen gelernt hatte. Sie wusste von seiner Vorliebe für SF und hat zu ihm gesagt: "Du solltest auch bei ´Star Trek´ sein!" (Auch hat er vorher schon mal Jonathan Frakes getroffen und sich gut mit ihm verstanden).
Kurz darauf erhielt die Managerin von Dwight Schultz ein Skript mit Rollenangebot für ihren Klienten. Er hatte sich sehr gefreut und geglaubt, nun könne er endlich ein bizarres Alien spielen. Aber es war dann nur die Rolle eines Trottels namens Lt. Barclay. Seine anfängliche Enttäuschung wandelte sich aber bald in Begeisterung, als er beim Lesen des Scripts das Potential dieser Figur erkannte: Endlich brachten die ´Star Trek´-Macher einen normalen Menschen auf das Sternenschiff!
Danach führte Dwight Schultz seine Sichtweise der Schauspielerei aus, wobei er Schauspieler mit Vampiren verglich. Sie gehen durchs Leben und lassen sich von realen Menschen, die sie treffen, inspirieren. Sie übernehmen deren Charakter und machen ihn sich zueigen, um ihn dann bei Bedarf nachzuspielen. Er selbst hätte ein reales Vorbild für seine Murdock-Rolle (einen Tankwart in den USA) und auch für Barclay (einen Musikerfreund in New York).
Schließlich präsentierte er einige sehr ungewöhnliche und scharfsinnige Betrachtungen über Quantenphysik, Philosophie, Politik und Grenzwissenschaften und erwies sich hier als ein außerordentlich informierter und interessierter Mann, der sich stark mit großen Zusammenhängen des menschlichen Daseins beschäftigt. Sein Brückenschlag von der Mathematik zur Kosmologie und weiter zu seiner Überzeugung, UFOs hätten längst die Erde besucht, war ein Highlight der Convention! Faszinierend!
Quelle:
http://www.fantastik-online.de/st/a/st_a0033.htm