Leben
Barbara Stanwyck wurde als Ruby Stevens als fünftes Kind eines schottisch-irischen Ehepaares in Brooklyn geboren. Im Alter von vier Jahren verlor sie ihre Mutter, als diese von einem Betrunkenen aus der Straßenbahn gestoßen wurde. Die Mutter erlitt tödliche Kopfverletzungen. Nach der Beerdigung der Mutter verließ der Vater die Familie und Barbara wuchs nun in Kinderheimen auf. Sie begann ihre Laufbahn als Revuetänzerin. Zwischen 1922 und 1923 trat sie als Tänzerin der Ziegfeld Follies im New Amsterdam Theater auf[2]. Zur Schauspielerin wurde sie, als ihr Part als Tänzerin in dem Drama The Noose zu einer dramatischen Rolle umgeschrieben wurde. Kurze Zeit danach nahm sie den Künstlernamen Barbara Stanwyck an, nachdem sie auf einem Theaterplakat die Ankündigung „Barbara Fritchie in Jane Stanwyck“ gelesen hatte. Nach ihrem ersten Filmauftritt 1927 in Broadway Nights heiratete sie 1928 den Komiker Frank Fay. Das Paar adoptierte einen Jungen, der nach der Scheidung 1933 bei Stanwyck blieb.
Als Filmschauspielerin schaffte Barbara Stanwyck 1930 den Durchbruch als Star durch ihre Rolle in Ladies of Leisure unter der Regie von Frank Capra. Der Film erzählt eine dramatische Liebesgeschichte und Stanwyck begeisterte die Kritiker durch ihre Mischung aus Verletzlichkeit und Härte. Unmittelbar danach hatte sie einen großen finanziellen Erfolg mit dem Film Illicit, den sie für Warner Brothers drehte. Das Studio kündigte sie auf den Plakaten als Miss Barbara Stanwyck an, eine Ehre, die sonst nur Mr. George Arliss und Mr. John Barrymore zustand. Sie unterschrieb im Laufe des gleichen Jahres nicht-exklusive Verträge mit Warner Brothers und mit Columbia, wo sie mit Frank Capra die Filme The Miracle Woman, Forbidden und The Bitter Tea of General Yen drehte. Stanwyck wurde während der Weltwirtschaftskrise neben Sylvia Sidney eine der Heldinnen für die Arbeiterklasse. In Filmen wie The Purchase Price, Night Nurse und vor allem Baby Face spielte sie Frauen, die in der Lage waren, trotz widrigster Umstände ihre soziale Lage zu verbessern. Sie hatte dabei ein viel raueres und robusteres Image als beispielsweise Constance Bennett, Joan Crawford – mit der sie privat zeitlebens befreundet war –, Ann Harding und anderen Darstellerinnen, die in diesen Tagen ebenfalls zu Ruhm kamen. Gegen Mitte der Dekade fiel es der Schauspielerin zunehmend schwer, anspruchsvolle Rollen zu finden. Erst nachdem Ruth Chatterton sich 1937 aus der Produktion von Stella Dallas zurückzog und Barbara Stanwyck deren Rolle übernahm, gelang ihr ein Comeback. Sie wurde für den Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert, verlor aber gegen Luise Rainer. Ihre Romanze mit Robert Taylor, den sie später auch heiratete, tat ihrer neuerwachten Popularität keinen Abbruch. Mit dem finanziellen Erfolg von Always Goodbye, der Neuverfilmung von Gallant Lady mit Ann Harding aus dem Jahr 1934, konnte Stanwyck ihren Status als Star konsolidieren.
Den Gipfel ihrer Popularität erreichte Stanwyck, die von ihren Freunden „Missy“ (Fräuleinchen) genannt wurde, Mitte der 1940er Jahre. Zu Beginn des Jahrzehnts stand sie unter der Regie von Frank Capra in dem Film Hier ist John Doe mit Gary Cooper vor der Kamera. Sie übernahm die Rolle, nachdem Jean Arthur nicht verfügbar war. Eine von Stanwycks bekanntesten Rollen war die in der Komödie Die Falschspielerin, in der sie unter der Regie von Preston Sturges neben Henry Fonda auftrat. Im Jahr 1944 war Barbara Stanwyck nach den Angaben des Nationalen Schatzamtes die höchstbezahlte Frau der USA, noch vor Deanna Durbin und Bette Davis mit einem Jahreseinkommen von mehr als 400.000 Dollar. Im selben Jahr drehte sie unter der Regie von Billy Wilder den Film-Noir-Klassiker Frau ohne Gewissen. Der Film war bei Kritik und Publikum ein großer Erfolg. In der Folgezeit spielte Barbara Stanwyck immer wieder gewissenlose Frauen wie in Die seltsame Liebe der Martha Ivers mit Kirk Douglas und Van Heflin oder in Strafsache Thelma Jordon. Nach ihren eigenen Angaben war jedoch der Film My Reputation, der 1944 gedreht wurde, jedoch erst 1946 in den Verleih kam, ihr persönlicher Lieblingsfilm. In ihm wurden die Probleme einer Kriegerwitwe mit zwei Kindern thematisiert. Eine für sie untypisch passive Rolle hatte sie 1948 in Du lebst noch 105 Minuten als Partnerin von Burt Lancaster als Mordopfer. Für diese Rolle wurde sie erneut für einen Oscar nominiert.
1950 drehte sie einen ihrer besten Filme, Entgleist, der sie unter der Regie von Mitchell Leisen in einer typischen Joan-Crawford-Rolle zeigte: Eine Frau nimmt nach einem Zugunglück eine falsche Identität an, erlebt glückliche Stunden in einer neuen Familie und wird am Ende von ihrem ehemaligen Liebhaber erpresst. In den 1950er Jahren drehte Barbara Stanwyck unter anderem den Thriller Sekunden der Angst und wirkte in dem Katastrophenfilm Untergang der Titanic mit. Den Rest des Jahrzehnts verbrachte sie vorwiegend als Heldin zahlloser Western im Sattel, darunter Vierzig Gewehre. Zu ihren besseren Rollen dieser Zeit gehörten zwei Auftritte in Filmen von Douglas Sirk: All I Desire und There's Always Tomorrow sowie in Executive Suite, einem Film mit Starbesetzung über die Nachfolgeregelung in einem erfolgreichen Unternehmen. Zu den wenigen Auftritten im Kino aus der Zeit nach 1957 zählt das Musical König der heißen Rhythmen mit Elvis Presley. In dem Drama Auf glühendem Pflaster verkörperte sie in dezenter Art die lesbische Inhaberin eines Bordells.
Nach zunächst sporadischen Fernsehaufgaben führte sie 1961 bis 1962 durch die The Barbara Stanwyck Show, die jedoch aufgrund niedriger Einschaltquoten rasch wieder eingestellt wurde. Stanwyck erhielt 1961 für ihre Mitwirkung ihren ersten Emmy als beste Hauptdarstellerin in einer Serie. Nach nur noch wenigen Filmrollen endete ihre Filmkarriere 1964 nach dem Gruselfilm Er kam nur nachts. Die Schauspielerin begann 1965 eine zweite Karriere im Fernsehen in der Westernserie Big Valley, die bis 1969 lief und ihr 1968 den zweiten Emmy einbrachte. Ab Mitte der 1970er Jahre zog sie sich jedoch aus gesundheitlichen Gründen zunehmend ins Privatleben zurück. Ihre letzte bedeutsame Rolle spielte sie 1983 in der für das Fernsehen gedrehten Romanverfilmung Die Dornenvögel mit Richard Chamberlain. Für die Darstellung einer energischen Millionärin wurde Stanwyck mit ihrem dritten Emmy und einem Golden Globe ausgezeichnet. Bei ihrer Dankesrede bekannte die Schauspielerin ganz offen, dass der Preis eigentlich Ann-Margret für ihre Darstellung in Was wird nur aus den Kindern? zugesprochen gehöre. 1985 war sie ein weiteres Mal im Fernsehen, in der Fernsehserie Das Imperium – Die Colbys, einem Spin-Off von Der Denver-Clan, zu sehen. Sie spielte in der ersten Staffel, trat danach jedoch von ihrem Vertrag zurück und bekannte später, dass diese Produktion das Schlechteste gewesen sei, bei dem sie jemals mitgewirkt hätte.
Barbara Stanwyck verstarb 1990 im Alter von 82 Jahren. Sie war mit den Schauspielern Frank Fay von 1928 bis 1935 sowie mit Robert Taylor von 1939 bis 1951 verheiratet. Beide Ehen wurden geschieden.
Filmografie (Auswahl)
1930: Ladies of Leisure
1931: Illicit
1931: Night Nurse
1931: Juwelenraub in Hollywood (The Stolen Jools) (Kurzfilm für karitative Zwecke)
1931: Ten Cents a Dance
1931: The Miracle Woman
1932: Forbidden
1932: Shopworn
1932: So Big
1932: Einsame Herzen (The Purchase Price)
1933: Baby Face
1933: Ladies They Talk About
1933: Der bittere Tee (The Bitter Tea of General Yen)
1933: Ihre letzte Nacht (Ever in My Heart)
1934: Die Spielerin (Gambling Lady)
1935: Annie Oakley
1936: Die Botschaft an Garcia (A Message to Garcia)
1936: Zwischen Haß und Liebe (His Brother's Wife)
1937: Stella Dallas
1937: Assistenzarzt Dr. Kilder (Internes Can't Take Money)
1937: Unter vier Augen (This Is My Affair)
1938: Always Goodbye
1939: Golden Boy
1939: Union Pacific
1940: Die unvergessliche Weihnachtsnacht (Remember the Night)
1941: Hier ist John Doe (Meet John Doe)
1941: Die Falschspielerin (The Lady Eve)
1941: Die merkwürdige Zähmung der Gangsterbraut Sugarpuss (Ball of Fire)
1943: Lady of Burlesque
1944: Frau ohne Gewissen (Double Indemnity)
1944: Hollywood Canteen
1945: Weihnachten nach Maß (Christmas in Connecticut)
1946: My Reputation
1946: California
1946: Die seltsame Liebe der Martha Ivers (The Strange Love of Martha Ivers)
1947: Der Fluch des Wahnsinns (Cry Wolf)
1947: Die zwei Mrs. Carrolls (The Two Mrs. Carrolls)
1948: B.F.'s Daughter
1948: Du lebst noch 105 Minuten (Sorry, Wrong Number)
1949: Strafsache Thelma Jordon (The File on Thelma Jordon)
1950: Entgleist (No Man of Her Own)
1950: Die Farm der Besessenen (The Furies)
1950: Tod im Nacken (To Please a Lady)
1952: Vor dem neuen Tag (Clash by Night)
1953: All meine Sehnsucht (All I Desire)
1953: Sekunden der Angst (Jeopardy)
1953: Der Untergang der Titanic (Titanic)
1954: Witness to Murder
1954: Königin der Berge (Cattle Queen of Montana)
1954: Die Intriganten (Executive Suite)
1955: Rauhe Gesellen (The Violent Men)
1955: Flucht nach Burma (Escape to Burma)
1956: Der Teufel von Colorado (The Maverick Queen)
1956: Es gibt immer ein Morgen (There's Always Tomorrow)
1957: Das war Mord, Mr. Doyle (Crime of Passion)
1957: Fluch der Gewalt (Trooper Hook)
1957: Vierzig Gewehre (Forty Guns)
1962: Auf glühendem Pflaster (Walk on the Wild Side)
1964: König der heißen Rhythmen (Roustabout)
1964: Er kam nur nachts (The Night Walker)
1965–1969: Big Valley (The Big Valley, TV-Serie)
1970: Das Geisterhaus (The House That Would Not Die) (TV)
1971: Der Hauch des Bösen (A Taste of Evil) (TV)
1983: Die Dornenvögel ("The Thornbirds") (TV)
1985–1986: Die Colbys – Das Imperium (The Colbys) (TV)
Auszeichnungen
Oscar/Beste Hauptdarstellerin
Oscarverleihung 1938: Nominierung – Stella Dallas
Oscarverleihung 1942: Nominierung – Die seltsame Zähmung der Gangsterbraut Sugarpuss
Oscarverleihung 1945: Nominierung – Frau ohne Gewissen
Oscarverleihung 1949: Nominierung – Du lebst noch 105 Minuten
Oscarverleihung 1983: Ehrenoscar für ihr Gesamtwerk
Emmy
1961: Emmy in der Kategorie Herausragende Leistung einer Schauspielerin (in einer Hauptrolle) in einer Serie – The Barbara Stanwyck Show
1966: Emmy in der Kategorie Wiederholt herausragende Leistung einer Schauspielerin (in einer Hauptrolle) in einer dramatischen Serie – The Big Valley
1967: Nominierung in der Kategorie Wiederholt herausragende Leistung einer Schauspielerin (in einer Hauptrolle) in einer dramatischen Serie – The Big Valley
1968: Nominierung in der Kategorie Wiederholt herausragende Leistung einer Schauspielerin (in einer Hauptrolle) in einer dramatischen Serie – The Big Valley
1983: Emmy in der Kategorie Herausragende Leistung einer Schauspielerin (in einer Hauptrolle) in einer Serie (Spezial) – Die Dornenvögel
Golden Globe
1966: Nominierung Beste Serien-Hauptdarstellerin – Drama – The Big Valley
1967: Nominierung Beste Serien-Hauptdarstellerin – Drama – The Big Valley
1968: Nominierung Beste Serien-Hauptdarstellerin – Drama – The Big Valley
1984: Gewonnen Beste Nebendarstellerin – Serie, Mini-Serie oder TV-Film – Die Dornenvögel
1986: Cecil B. DeMille Award
Weitere Ehrungen
1966: Screen Actors Guild Life Achievement Award
1981: Career Achievement Award der Los Angeles Film Critics Association
1987: AFI Life Achievement Award des American Film Institute.
Auf dem Hollywood Walk of Fame ist ihr auf der Höhe 1751 Vine Street ein Stern gewidmet
Literatur
Homer Dickens: The films of Barbara Stanwyck. Citadel Press, Secaucus, N.J. 1984, ISBN 0-8065-0932-5.
Albert J. DiOrio: Barbara Stanwyck. Coward-McCann, New York 1983, ISBN 0-698-11247-4.
Jerry Vermilye: Barbara Stanwyck. Ihre Filme, ihr Leben. Heyne, München 1988, ISBN 3-453-02833-3.
Jane E. Wayne: Stanwyck. Robson Books, London 1985, ISBN 0-86051-405-6.