James Holmes – Nett, schüchtern, intelligentAmerika rätselt nach dem "Batman"-Massaker mit zwölf Toten über die Motive des maskierten Mannes. Der Verdächtige James Holmes schweigt. Seine Mutter ist sicher, dass er der Täter ist.
Nach dem Amoklauf von Aurora stehen die USA unter Schock. Bewohner des Vororts von Denver im US-Staat Colorado legten am Freitag (Ortszeit) vor dem Kino, in dem ein Bewaffneter bei der Premiere des neuen "Batman"-Films zwölf Menschen getötet hatte, Kerzen und Blumen nieder. Mehrere hundert Menschen kamen in der Nähe zu einer Gedenkmesse für die Opfer, viele weinten und konnten die Bluttat noch immer nicht fassen.
Auch die Polizei hat bisher keine Angaben zu einem möglichen Motiv gemacht. Der Verdächtige James Holmes, ein 24-jähriger Student, verweigerte am Freitag die Aussage, wie aus Polizeikreisen verlautete.
Vom Film inspiriert?Und auch die Hinweissuche in seiner Wohnung, die er mit Sprengfallen gesichert hatte, war zunächst nicht möglich. Das FBI und die örtliche Polizei wollten am Samstag versuchen, sich Zugang zu verschaffen, wie Polizeichef Dan Oates erklärte.
Berichte, wonach die Tat in Zusammenhang mit dem neuen "Batman"-Film "The Dark Knight Rises" stand, bei dessen Premiere Holmes das Feuer eröffnete, wollte die Polizei zunächst nicht bestätigen. In dem Film stürmen ein Maskierter und seine Helfer in ein voll besetztes Football-Stadion, schießen um sich und zünden Sprengsätze.
Der Polizeichef von New York, Raymond Kelly, sagte, der Verdächtige habe seine Haare rot gefärbt und gesagt, er sei der "Joker", ein Bösewicht aus den "Batman"-Filmen und -Comicbüchern. "Das ist meines Wissens nach nicht wahr", sagte hingegen Oates, erklärte aber, mit Kelly gesprochen zu haben.
Premiere in Paris abgesagtDas Studio Warner Bros. sagte die für Freitag geplante Premiere des Streifens in Paris ab, zu der auch Regisseur Christopher Nolan sowie die Darsteller Christian Bale, Anne Hathaway, Morgan Freeman und Michael Caine erwartet worden warnen.
Warner Bros. und die Filmemacher sind tieftraurig über diesen schockierenden Vorfall", hieß es in einer Stellungnahme des Studios. Regisseur Nolan sprach von einer "sinnlosen Tragödie".
"In dieser tragischen Stunde geht unsere aufrichtige Anteilnahme an die Familien und Freunde der Opfer", teilte das Studio mit. "The Dark Knight Rises" hat nach ersten Schätzungen in der Nacht zum Freitag in den USA Spitzeneinnahmen erzielt. Die Branchenblätter "Variety" und "Hollywood Reporter" bezifferten die Mitternachtseinnahmen mit bis zu 30 Millionen Dollar (umgerechnet knapp 25 Mio Euro). Der Film war in 3700 US-Kinos angelaufen, am Wochenende sollte er in über 4400 Lichtspielhäusern gezeigt werden.
Verdächtiger kaufte EintrittskarteIndessen versuchten die Behörden den genauen Ablauf der Tat zu rekonstruieren. Ein FBI-Beamter erklärte, Holmes habe sich gemeinsam mit den anderen Kinobesuchern eine reguläre Eintrittskarte gekauft. Als die Mitternachtspremiere angelaufen sei, habe er einen Ausgangstür geöffnet und sich offenbar außerhalb des Saales einen Helm, Schutzbekleidung sowie eine Gasmaske angezogen.
Anschließend warf er Behördenangaben zufolge Gaskanister in den Raum und begann inmitten des Rauches, der sich dadurch entwickelte, mit einem halbautomatischen Maschinengewehr, einer Pistole und einer Schrotflinte wahllos auf die Besucher zu feuern. Vier Waffen wurden nach der Tat in dem Kino gefunden, die alle innerhalb der vergangenen 60 Tage legal gekauft wurden, wie Polizeichef Oates erklärte. Der Verdächtige habe außerdem 6000 Schuss Munition legal erworben.
Viele Menschen im kritischen ZustandZwölf Menschen kamen beim Amoklauf ums Leben, 58 weitere wurden verletzt. Elf befanden sich am Freitagabend (Ortszeit) noch in kritischem Zustand.
Im US-Staat Colorado ereignete sich 1999 auch das Massaker von Columbine, bei dem zwei Schüler zwölf ihrer Klassenkameraden sowie einen Lehrer und anschließend sich selbst töteten.
Bachelor, Master – kein JobDer mutmaßliche Täter von Aurora, außerhalb von Denver, wurde von der Polizei als 24-jähriger Student identifiziert, der bisher polizeilich nicht aufgefallen war. 2010 machte er den Bachelor für Neurowissenschaften. Nach Angaben eines Bekannten der Familie hat James Holmes anschließend noch ein Masterstudium angehängt, aber dennoch keinen Job gefunden. Der Bekannte, Tom Mai, beschrieb ihn als netten und schüchternen jungen Mann.
Nach Informationen der "New York Post" ist Holmes in San Diego aufgewachsen, wo seine Eltern – Mitglieder der Presbyterianischen Kirche – immer noch wohnen. Als Teenager spielte er Fußball. Der Vater des mutmaßlichen Täters ist Manager einer Software-Firma, die Mutter Krankenschwester. Holmes hat eine jüngere Schwester. In einer Stellungnahme schreiben die Holmes: "Mit unseren Herzen sind wir bei denjenigen, die von dieser Tragödie betroffen sind - und bei ihren Familien und Freunden. Wir bitten die Medien, unsere Privatsphäre zu respektieren in dieser schwierigen Zeit."
Laut Fernsehsender ABC News hat Holmes Mutter, Arlene, gleich nach der Tat gewusst, dass es ihr Sohn sein könnte. Ihr erster Gedanke sei gewesen: "Ihr habt den Richtigen, ich muss die Polizei anrufen und nach Colorado fliegen", sagte sie dem TV-Sender.
Wahlkampf im Zeichen des MassakersUS-Präsident Barack Obama zeigte sich "schockiert" über den Amoklauf. Er unterbrach seine Wahlkampftour und kehrte nach Washington zurück. Das Blutbad sei "sinnlos" und "böse", sagte er. In der Trauer um die Opfer seien alle Bürger als "eine amerikanische Familie vereint". Auch sein designierter Herausforderer bei den Präsidentschaftswahlen im November, Mitt Romney, sagte Wahlkampfauftritte ab.
Beide Politiker verzichten zudem vorerst darauf, in Colorado Wahlkampfspots zu senden. Obama ordnete an, als Zeichen der Trauer die US-Flaggen an allen öffentlichen Gebäuden, diplomatischen Vertretungen und Armeestützpunkten bis zum Abend des 25. Juli auf Halbmast zu setzen.
Quelle: www.welt.de