Ich habe ein zwei Jahre alten Bericht gefunden, zu dem Thema:
Veröffentlicht am 16. Sep. 2014 von Daniel Kähler unter Deutschland (
QUELLE)
DAB+ und die UKW-Abschaltung: „Es gibt kein Zurück mehr“
Veröffentlicht am 16. Sep. 2014 von Daniel Kähler unter Deutschland
Der Wettbewerb zwischen UKW und DAB+ soll nicht durch „Diktatur“ beendet werden, forderte Helmut Markwort auf dem Deutschen Radiopreis. Vielmehr sollten die Hörer entscheiden, wie sie Radio empfangen wollen. Damit äußerte er sich klar gegen die Pläne einiger deutscher Rundfunkmacher, die im Jahr 2025 das Ende des klassischen UKW-Radios sehen.
Deutschlandradio-Intendant Willi Steul ist einer derjenigen, die hinter diesem Datum stehen. „Das Medium Radio wird langfristig verlieren, wenn wir es nicht digitalisieren“, so der 63-Jährige im Interview mit RADIOSZENE. „Und das Rückgrat dieser Digitalisierung auf terrestrischem Wege wird DAB+ sein.“
DAB-Markterfolg als Abschaltvoraussetzung
Steul ist Vorsitzender des „Verein Digitalradio Deutschland e.V.“, der in den vergangenen Tagen ein Vorschlagspapier veröffentlicht hat, in dem die UKW-Abschaltung konkretisiert wird. Anders als Markworts Äußerungen auf dem Radiopreis vermuten lassen, will der Verein demnach aber den Analogfunk nicht mit der harten Hand abschalten. Voraussetzung für den Umstieg sei u.a., dass eine Marktdurchdringung an DAB-Radios von mindestens 50% erreicht werde. Dann hätten sich bereits einige Radiohörer von selbst umentschieden. Einen langen Parallelbetrieb von UKW und Digitalradio könne und wolle dann niemand finanzieren, schon gar nicht die privaten Veranstalter, für die der Digitalradio-Verein aber eine Förderung empfiehlt.
RBB und HR unterstützen DAB+ nicht
Damit der Übergang gelingt, wünscht sich der Deutschlandradio-Intendant noch mehr Unterstützung, auch aus den Reihen der Öffentlich-Rechtlichen: „Wir wollen den Schulterschluss mit der ARD – ohne die geht es nicht.“ Die ARD gehöre zu den Hauptakteuren in Sachen Umstieg auf DAB+, doch die Einigung sei nicht ganz einfach, meint Steul. „Wir werden im November der KEF ein UKW-Abschaltdatum nennen, die ARD wird da vermutlich aber nicht mitgehen“ – damit bezieht er sich auf die Forderung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), einen genauen Fahrplan zur Digitalradio-Entwicklung zu nennen. Tatsächlich sagte ARD-Vorsitzender Lutz Marmor im Rahmen der IFA Berlin, es werde „nicht von Erfolg gekrönt sein, einmal mehr eine konkrete Jahreszahl für eine UKW-Abschaltung zu nennen“. Die regulierenden Instanzen auf Bund- und Länderebene müssten den Umstieg auf DAB+ unterstützen. Zudem erwähnte Marmor, man sei „einen westentlichen Schritt weiter“, wenn in jedem Radio ein DAB-Empfangsteil integriert werden würde. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die „Smart Radio“-Initiative der Europäischen Rundfunkunion EBU, die auch Willi Steul ausdrücklich unterstützt. Der hofft aber erstmal darauf, dass in der ganzen ARD ein Umdenken in Sachen Digitalisierung stattfindet. ARD-Sender wie der SWR, MDR oder BR hätten bezüglich Digitalradio ähnliche Vorstellungen wie das Deutschlandradio, andere Anstalten wie RBB oder HR hingegen würden DAB+ nicht unterstützen, so der Chef des nationalen Hörfunks.
DAB+ bringt ungewollte Konkurrenz
Dazu kommen auch viele Privatsender, die in DAB+ derzeit keinen Sinn sehen. Programmveranstalter wie Alster Radio oder Radio Hamburg äußerten kürzlich dem Blog „radio-wird-digital.de“ gegenüber, sie hätten an einer DAB-Ausstrahlung kein Interesse. „Das kann ich auch nachvollziehen“, meint Willi Steul. Wer mit ausreichenden UKW-Frequenzen in seinem Sendegebiet versorgt sei, für den bringe DAB+ momentan keinen großen Mehrwert – sondern nur ungewollte Konkurrenz. Das sei bei manchen Privaten eine weitverbreitete Meinung, auch bei einigen öffentlich-rechtlichen Senderchefs sei dies der Fall, fügte Steul ausdrücklich hinzu.
2025? – „Ich bin nicht sicher, ob wir das hinkriegen“
Sollten sich alle Akteure einig werden, also die ARD, das Deutschlandradio und auch die Privatsender und Landesmedienanstalten, dann dauere es mindestens 10 Jahre, bis man bereit zur UKW-Abschaltung sei. „So kommt das Datum 2025 zustande“, sagte Steul im RADIOSZENE-Interview. „In der Schweiz ist die Planung ähnlich abgelaufen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob wir hier in Deutschland bis 2015 eine Einigung hinkriegen und die Jahreszahl 2025 bestehen bleibt.“
Das hält ihn aber nicht davon ab, trotzdem auf dieses Abschaltdatum hinzuweisen. Die Diskussion vorantreiben möchte Steul damit – und offenbar gelingt ihm das auch. Markworts Äußerungen auf dem Radiopreis einen Tag nach diesem Interview dürften das beweisen. Aus der deutschen Rundfunkszene gänzlich verbannt werden soll UKW aber nicht. „Lokale, private und nicht-kommerzielle Radioinitiativen“ könnten bei der zukünftigen Nutzung des UKW-Bandes berücksichtigt werden.
Zumindest auf dem Papier wollen Steul und seine Digitalradio-Mitstreiter das analoge Radio entgegen den Willen der Hörer nicht abschalten – sondern erst wenn eine ausreichende Marktdurchdringung erreicht ist. Wie schnell das klappt, weiß auch Willi Steul nicht, obwohl ihn die jüngst veröffentlichten Verkaufszahlen euphorisch stimmen (RADIOSZENE berichtete). Fragt man ihn, was denn passieren würde, sollte man nicht genügend Digitalradios verkaufen und müsste man DAB+ wieder abschalten, antwortet er nur knapp, aber dafür sehr eindeutig: „Der Point of no return ist längst überschritten“.
Die Abschaltung betrifft zur Zeit nur Österreich (Auszug):
Veröffentlicht am 28. Jun. 2016 von Redaktion unter Österreich (
Kompletter Bericht und Interview)
Digitalradio Österreich: “Wir schaffen es auch ohne ORF und KRONEHIT”
Die Diskussion um den Digitalradiostandard DAB+ ist in diesem Jahr in einen richtigen Glaubenskrieg ausgeartet, nachdem LfM-Direktor Jürgen Brautmeier und Staatssekretär Marc Jan Eumann in der FAZ erklärten, dass sie DAB+ in NRW für nicht sinnvoll erachten. Ihre Argumentation: Der Parallelbetrieb UKW/DAB ist zu teuer für die NRW-Lokalradios und die UKW-Sendegebiete lassen sich nicht digital abbilden. Viele weitere Befürworter und Gegner meldeten sich daraufhin ebenfalls mit Gastbeiträgen in der FAZ zu Wort.
Wie geht es aber nun in Österreich mit DAB+ weiter? Das erste Pilotjahr im Großraum Wien ist vorbei. Die Sender in Wien Donaustadt und Liesing erreichen mit 15 digitalen Hörfunkprogrammen rund 2,5 Millionen Menschen. RADIOSZENE hat sich mit dem Geschäftsführer des Vereins Digitalradio Österreich, Gernot Fischer und dem Geschäftsführer des Wiener Privatsenders Radio Arabella 92,9, Wolfgang Struber getroffen, um über die digitale Zukunft in Österreich zu sprechen.
RADIOSZENE: Herr Fischer, wie sehen Sie die derzeitige Debatte um DAB+ Österreich? Können Sie die Argumente der LfM in NRW nachvollziehen?
Gernot Fischer: In Österreich ist die Situation ganz eine andere als in Deutschland, das Sendegebiet ist auch überschaubar klein. Wir haben regulatorisch die Möglichkeit, zwei bundesweite Bedeckungen zu schaffen. Wenn man größenordnungsmäßig mit 15 Programmen pro Bedeckung rechnet, wären das 30 nationale Programme, die überall verfügbar wären. Wir können auch die Bundesländer erreichen, in dem wir lokale, regionale und überregional Bedeckungen schaffen können. Wer sich für welche Bedeckungen wirtschaftlich tragfähig bewerben kann, wird man sehen, wenn die Ausschreibung dafür von der Rundfunkbehörde KommAustria veröffentlicht wird. Es ist natürlich schwierig, wenn sich in einem Bundesland nur ein Sender bewirbt. Der wird sich eine Bundesland-Bedeckung alleine nicht leisten können. Günstiger wäre da eine überregionale Bedeckung, wenn etwa mindestens vier bis fünf Programme, die gemeinsamen Kosten für einen Multiplex tragen z.B. für das Sendegebiet Vorarlberg und Tirol.
Aber eines ist garantiert: die Sendeplätze werden knapp. Auch wenn einige Gebiete am Anfang nicht so nachgefragt werden wie z.B. der Großraum Wien, so wird es doch in weiterer Folge eine Nachfrage geben von den gesättigten zu den ungesättigten Märkten. Wir hoffen auch auf eine gesetzliche Regelung, dass einzelnen Radioveranstaltern erlaubt, mehr als zwei digitale Programme in einem Gebiet auszustrahlen. Dann hätte ich auch keine Sorge, dass die Multiplexe auch entsprechend ausgelastet werden.
RADIOSZENE: ARD und Deutschlandradio argumentieren dafür – Viele Privatsender wie RTL Radio Deutschland (Gert Zimmer) dagegen. In Deutschland gibt es vor allem Fronten zwischen gebührenfinanzierten und großen privatwirtschaftlichen Sendern. Kleinere Privatsender erhoffen sich mehr Reichweite, größere sind eher skeptisch und besitzstandswahrend, und es gibt eine Nord-Südgefälle. Wie liegen die Fronten in Österreich?
Gernot Fischer: Bei uns in Österreich befinden sich die beiden reichweitenstärksten österreichweiten Programme, KRONEHIT und Ö3, in einer absoluten UKW-Komfortzone, die sie natürlich nicht verlassen möchten. Diese Player übersehen aber, dass sie technologisch in die Steinzeit abrutschen und von den jüngeren Zielgruppen nicht mehr wahrgenommen würden, die ihren Medienkonsum dann komplett ins Internet verlagern.
RADIOSZENE: Machen Sie das nicht jetzt schon?
Gernot Fischer: Das machen sie sehr wohl, aber dennoch ist Radio ein extrem wichtiges Medium, es ist der “Backbone” für alle, die seriöse Informationen möchten. Das Internet bietet das nicht und es ist auch nicht regulierbar. Wenn ich eine Nachricht aus dem Radio bekomme, erwarte ich von dort einen höheren Wahrheitsgehalt – zumal ein Radiosender auch behördlich überwacht ist und gewissen journalistischen Grundsätzen unterliegt.
RADIOSZENE: Um noch mal auf die Wirtschaftlichkeit zu sprechen zu kommen, ein langer Parallelbetrieb von UKW und DAB+ kostet entsprechend viel Geld. Mit welcher Zeitspanne rechnen Sie da?
Gernot Fischer: Das kann man heute überhaupt nicht vorhersagen. Wir wissen aber, dass die Österreicher innovationsfreudig sind, weswegen das Land auch immer ein guter Testmarkt für die Industrie ist. Wenn jemand mal DAB gewohnt ist – das weiß ich auch aus eigener Erfahrung – dann schaltet er nicht wieder auf UKW zurück – Es gibt meines Wissens kein einziges DAB Gerät, das nicht auch UKW hat. Und wenn dieser Effekt mal greift und sich entsprechend viele Menschen DAB-Geräte zugelegt haben, dann wird der Umschaltzeitpunkt in Österreich schneller vonstatten gehen, als es in manchen anderen Ländern zur Zeit zu erwarten ist. Spannend wird für uns alle das Beobachten von Norwegen sein, die 2017 als UKW-Abschaltzeitpunkt definiert haben. Dann wird man sehen, wie rasch dort die Digitalgeräte-Penetration steigen wird. Da wird dann sichtbar, wie wichtig den Leuten Radio überhaupt noch ist.
RADIOSZENE: In Wien läuft ja noch immer ein DAB-Testbetrieb. Wie viele DAB-Geräte wurden denn bis jetzt verkauft? Ab wie vielen verkauften Exemplaren würden Sie von einem Erfolg sprechen und was passiert nach dem Testbetrieb?
Gernot Fischer: Also für mich ist überraschend, wie viele Menschen überhaupt schon über DAB+ Radio hören, weil wir das ja nie groß medial beworben haben. Es gab auch noch nie Fernsehwerbung oder eine Anzeige in Zeitungen, die DAB-Radios massiv bewirbt, weil wir alle auf den Termin warten, wann die Ausschreibung stattfindet. Und trotzdem kommen wir kaum nach mit unserem Büro bei Digitalradio Österreich, alle Anfragen zu DAB zu beantworten. Speziell aus Oberösterreich erreichen uns extrem viele Mails und Anrufe, weil dort interessanterweise ein Kabelnetzbetreiber beginnt, analoges Radio aus dem Kabelnetz rauszuwerfen. Sie fragen z.B. nach einem Sendestart in ihrem Bundesland, oder wieso in ihrem DAB-Autoradio plötzlich auch Bilder in Ihrem Display auftauchen.
RADIOSZENE: Gut, aber wann gibt es denn jetzt Zahlen über verkaufte DAB-Geräte?
Gernot Fischer: Eine gerade abgeschlossene Umfrage, die Ende Juli veröffentlicht wird, wird erste Ergebnisse liefern. Wir haben das bewusst nicht im ersten Pilotjahr gemacht, sondern wollten uns erstmal die Zeit gönnen, das System aufzubauen und die verschiedenen Zusatzdienste zu testen. Im zweiten Jahr geht es nun darum, Digitalradio den potentiellen Hörern näher zu bringen und den Handel und die Automobilindustrie mit ins Boot zu holen, zumal viele Fahrzeuge schon ausgestattet sind mit DAB+. Das Pilotprojekt kann immer nur für ein Jahr genehmigt werden, aber auch immer verlängert werden. Laut Digitalisierungskonzept müsste die Ausschreibung spätestens bis Mitte 2017 erfolgen. Mit ein paar Monaten Verlängerung könnte also nahtlos vom Test- in den Regelbetrieb übergegangen werden, sofern die der Sendernetzbetreiber ORS die Ausschreibung gewinnt. Wir gehen davon aus, dass auch alle derzeitigen Programme in Wien dann auch im Regelbetrieb dabei sein werden.
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