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Autor Thema: Der Gangsterboss von Rocket-City (The Underworld Story) (USA, 1950)  (Gelesen 447 mal) Durchschnittliche Bewertung: 0
Dan Tanna Spenser
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« am: 31. Dezember 2016, 04:03:17 »

Turk Meyers, Belastungszeuge für den geplanten Prozess gegen Gangster Carl Durham (Howard Da Silva), wird am helllichten Tag auf der Freitreppe des Gerichts erschossen. Tags zuvor hatte der Journalist Mike Reese (Dan Duryea) für den Atlas News Service einen Artikel verfasst, darin er den Zeugen im bevorstehenden Prozess der Öffentlichkeit namentlich preisgegeben hatte. Dies war mit seinem Redakteur (Ned Glass) zwar abgesprochen, doch als der einen Anruf des Staatsanwalts Ralph Munsey (Michael O’Shea) erhält und um Genugtuung ersucht wird, entlässt er Mike Reese ohne weitere Diskussion. Auch beim The Journal, der Zeitung des mächtigen E.J. Stanton (Herbert Marshall), dessen Chefredakteur Chuck Lee (Stephen Dunne) Mike Reese aus Schulzeiten kennt, kommt er nicht unter. Es sieht schlecht aus für den Journalisten, der sich ab sofort oben auf einer „schwarzen Liste“ weiß. So beschließt er, nachdem ihm ein Kollege (Don McGuire) in einer Bar auf diese Idee brachte, sich beim Lakeside Sentinel, Provinzzeitung in einer nahe gelegenen Kleinstadt, einzukaufen. 5000 der benötigten 7500 Dollar holt sich der gewiefte Reporter beim ungekrönten Herrscher der Schattenwirtschaft in der Stadt, beim Gangster Carl Durham. Damit taucht er bei Catherine Harris (Gale Storm) auf, Inhaberin der verschuldeten Zeitung, die von der skrupellosen Berufsauffassung des vermeintlichen und kaltschnäuzigen Partners Reese ebenso wenig angetan ist wie vom Fehlen der 2500 Dollar. Aber ein Mordfall, der Lakeside an diesem Vormittag heimsucht, spielt Mike Reese in die Hände. Diane Stewart, Schwiegertochter des Zeitungsmagnaten E.J. Stanton und mit dessen Sohn Clark (Gar Moore) verheiratet, wurde tot aufgefunden…
 
Eine dieser Filme, die dem aufmerksamen Zuschauer noch heute verdeutlichen, in welche Richtung sich das US-amerikanische Kino hätte entwickeln können, hätte nicht die McCarthy-Ära gerade den innovativen Kräften mit Hetzkampagnen, Berufsverbot und Inhaftierungen um eben solche Zukunft gebracht. Sowohl Regisseur Cyril Endfield (Duell am Steuer, UK 1957) als auch Drehbuchautor Henry Blankfort (Open Secret, USA 1948) und Schauspieler Howard Da Silva wurden bald im Anschluss an diese Produktion als Kommunisten bezichtigt und schließlich mit Berufsverbot belegt. Endfield wanderte wie Joseph Losey nach England aus. Da Silva bekam zwischen 1951 und 1962 im US-amerikanischen Filmgeschäft keinen Fuß mehr auf den Boden. Blankfort schrieb nach 1951 niemals wieder ein Drehbuch. Erst 1957 kam dieser erstklassige Thriller und Film Noir unter dem unfassbar irreführenden Titel Der Gangsterboss von Rocket-City in die deutschen Kinos. Eine „Rocket-City“ gibt es im englischen Original nirgendwo, auch trägt Dan Duryea nie eine Sonnenbrille, wie das deutsche Filmplakat suggeriert, zudem ist er kein Gangsterboss sondern Reporter. Der Film hebt mit einer dezidierten Zeichnung von Charakteren an, die allesamt Großstadthyänen sind – vom Reporter über den Staatsanwalt und den Gangster bis hin zum Inhaber eines Presseimperiums. Keine der Personen ist sympathisch, aber vor allem mit dem Sprössling Clark Stanton zeigt sich die von den Älteren vorbereitete, völlige Entmenschlichung - der Verlust ethisch motivierter Prinzipien und der nackte Sozialdarwinismus.

The Underworld Story (= Originaltitel) ist ein beizeiten bösartiger, ein temporeicher und exzellent gespielter Film Noir. Dan Duryea war ein Darsteller, der es zwar zu Hauptrollen aber nie zu hoher Popularität brachte. Als schmieriger und mit allen Wassern gewaschener Pressehai, dessen primäres Interesse das Geld und nichts als das Geld ist, liefert er eine seiner besten Leistungen ab. Auch Howard Da Silva, die zuverlässige Mary Anderson und Michael O’Shea hauchen ihren Charakteren viel Leben ein. Wie zuvor Jules Dassin, Abraham Polonsky, Edward Dmytryk oder Robert Rossen betreibt Cyril Endfield eine konsequente Desillusionierung über die Mechanismen hinter der scheinheiligen Fassade von Recht und Unrecht. Nur die in einer Schlüsselfunktion angesiedelte Beziehung von E.J. Stanton zu Clark Stanton kann nicht überzeugen. Hier fehlt im Disput zwischen Vater und Sohn die darstellerische Kraft und Finesse, um dem Zuschauer die resultierenden Konsequenzen als Treiber der Handlung plausibel werden zu lassen. Auch Herbert Marshall, oft das geheime Glanzlicht einer Produktion, wirkt matt, und das ist schade. Im Finale dreht sich der Film zugunsten eines versöhnlichen Endes, Zeitgeist und Publikum geschuldet, das dennoch nicht albern oder annähernd so absurd ausfällt wie viele der Konstruktionen, die in den nächsten 5 Jahren manchen Film Noir regelrecht zerstörten. Ein Jahr später sollte Billy Wilders Reporter des Satans (USA 1951) nochmals in eine ähnliche Kerbe hauen, erst 1957 folgte Dein Schicksal in meiner Hand von Alexander Mackendrick. The Underworld Story ist ein kaum bekannter, doch empfehlenswerter Film Noir am Endpunkt seiner Hochphase.
 
Weltweit lediglich als spanische DVD-Edition und in den USA als DVD-R im Rahmen der Warner Archive Collection (2010) erschienen: erstklassige Bildqualität, ungekürzt im Originalformat mit gut verständlichem Originalton und ohne Extras, wie bei der Warner Archive Collection generell üblich.

Cyril Endfield | Stanley Cortez | Dan Duryea | Herbert Marshall | Howard Da Silva | Jay Adler | Ned Glass | Mary Anderson

Quelle: film-noir.de

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