Die ausgezeichnete Kamera-Arbeit von Sven Nykvist, der mit Ingmar Bergman zusammengearbeitet hat, soll den Zuseher zum Komplizen des Mörders machen. Durch akribisches Aufräumen und Entfernen der Spuren hat sich ein Jahr vor dieser Produktion schon einmal ein junger Mann die Sympathie des Publikums erworben: Norman Bates in "Psycho". Doch hier funktioniert dieses Vorgehen nicht. Liegt es am arroganten Gesichtsausdruck von Harry Meyen, für den man sich einfach nicht erwärmen kann? Jedenfalls ist Meyen die perfekte Besetzung für die Hauptrolle. Er bringt alle Voraussetzungen für die Figur des Modeschöpfers Andreas Troger mit: Distanziertheit, unpersönliches Erscheinungsbild, einen eiskalten Verstand und einen unbändigen Hass. Als Identifikationsfigur erwählt man sich den jungen Kersten, der von einem unbeschwerten Götz George mit leichter Hand dargestellt wird. Sobald sich der Mörder jedoch unter die Party-Gesellschaft mischt, ist jede Figur auf sich selbst gestellt und die Handlungen und Reaktionen der zwölf Anwesenden stehen im Vordergrund. Als modern und erfrischend anders empfinde ich den Umstand, dass es keine klassische Opfer-Täter-Ermittler-Konstellation gibt, bei der eine bedrohte (weibliche) Schönheit von einem smarten, heldenhaften Detektiv gerettet werden muss. Wolfgang Kieling ist ein ganz gewöhnlicher Inspektor, was kein Einwand gegen seine Darstellung ist, sondern ein Kompliment für den Mut des Regisseurs.
"Mörderspiel" wirkt zeitlos und lebt vor allem durch die Gedanken des Mörders, der das Publikum an seinen Gefühlsregungen teilhaben läßt, und dennoch ein Fremder bleibt, dessen Vorgehen man verurteilt. Nicht, dass die blonde Tote auf dem Bett einem besonders leid täte, aber man will, dass er gestellt wird, vor allem, da er weitere Morde an Unbeteiligten plant, die zufällig seinen Weg gekreuzt haben.
Die pointierten Dialoge (besonders die Kommentare von Hanne Wieder) sorgen für einen hohen Unterhaltungswert. Wie ein paar Jahre später in "Melissa", gibt es auch auf dieser Party das unvermeidliche Dummchen, das zuviel trinkt und sich dann in Szene setzt. Ausgleichend erleben wir Magali Noel und Margot Hielscher, die beide für angenehme Abwechslung sorgen.
Die Spannung hält bis zum Schluss an, als der Mörder in letzter Minute durch den Wohnungsschlüssel seines ersten Mordopfers überführt wird. Man atmet auf, dass er in Gewahrsam genommen werden kann, obwohl dies eher beiläufig geschieht und nicht auf die Ermittlungsarbeit der Polizei zurückzuführen ist, die nach dem Tod Kerstens die nächstliegende Erklärung akzeptiert, um die Wohnung verlassen zu können - ein Bedürfnis, das alle Anwesenden schon lange haben.
Die exzellente Musik von Martin Böttcher begleitet den Film auf eindringliche, aber nicht aufdringliche Weise. Helmuth Ashley inszenierte ein modernes Kammerspiel, das teilweise Giallo-Elemente enthält und die großen Vorbilder Agatha Christie und Alfred Hitchcock nicht leugnen kann. 4 von 5 Punkten