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Autor Thema: Mitternachtsmörder (Pleins feux sur l'assassin) (Frankreich, 1961)  (Gelesen 582 mal) Durchschnittliche Bewertung: 4
filmfan
Azubi in der Police Academy
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« am: 13. September 2017, 22:29:15 »



Graf Hervé de Keraudren zieht sich zum Sterben in eine Geheimkammer auf seinem bretonischen Schloss zurück. Bei der Testamentseröffnung erfahren seine Nichten und Neffen, dass der Graf erst nach Ablauf von fünf Jahren für tot erklärt wird und das Erbe somit erst dann ausbezahlt werden kann. In der Zwischenzeit müssen sich die Begünstigten um den gesamten Unterhalt der Liegenschaft kümmern. Mithilfe moderner Technik erwecken sie das Schloss zu neuem Leben: an stimmig ausgeleuchteten Publikumsabenden werden den Besuchern Geschichte und Schicksale des Schlosses und seiner früheren Bewohner nähergebracht. Bald ereignen sich jedoch auch unter den aktuellen Familienmitgliedern mysteriöse Todesfälle; es scheint, als habe es jemand darauf angelegt, den Kreis der Erben zu dezimieren....

mit: Pierre Brasseur, Pascale Audret, Marianne Koch, Jean-Louis Trintignant, Dany Saval, Philippe Leroy-Beaulieu, Jean Babilée, Georges Rollin, Gérard Buhr, Maryse Martin, Serge Marquard, Lucien Raimbourg, Jean Ozenne u.a. | Drehbuch: Pierre Boileau und Thomas Narcejac | Regie: Georges Franju
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filmfan
Azubi in der Police Academy
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« Antworten #1 am: 13. September 2017, 22:30:19 »

Die Namen Boileau und Narcejac lassen aufhorchen, haben sie doch vier oder fünf Romane nach dem gleichen Konstruktionsprinzip geschrieben, wobei ihre Arbeiten für "Die Teuflischen" oder "Vertigo - Aus dem Reich der Toten" wohl ihre bekanntesten sind. Zweifellos erwartet man als Zuschauer eine dementsprechende Aura der mysteriösen Täuschung und der Mehrdeutigkeit, wobei psychologische Rätsel und emotionale Herausforderungen im Vordergrund stehen. Ebenso ist der Regisseur Franju ("Das Schreckenshaus des Dr. Rasanoff") wegen seiner ruhigen Inszenierung, die gern surrealistische Elemente verwendet, ein Garant für unkonventionelle Spannung. Ein Anklang von Agatha Christie darf natürlich auch nicht fehlen: "And then there where none" mit seiner rücksichtslosen Konsequenz liefert die eine oder andere Steilvorlage. Für das Publikum aus dem deutschen Sprachraum ist zudem das Mitwirken von Marianne Koch bemerkenswert, die im Vorspann noch vor Jean-Louis Trintignant genannt wird und deren Spiel in internationaler Umgebung stets aufgeschlossener und wagemutiger wirkt. Der Film baut stark auf seine visuellen Vorzüge, die das Wasserschloss und die sanften Hügel des Parks in eindrucksvoller Weise bieten. Der Musikeinsatz verläuft sehr dezent, weil er nur die bombastische Herrlichkeit des Gebäudes repräsentiert, wenn dies bei offiziellen Terminen gewünscht wird. Ansonsten dominieren die Geräusche der Natur, das Jubilieren der Singvögel oder die Schreie der Käuzchen. Sonnengeflutete Szenen im Freien wechseln sich mit dunklen Augenblicken der Enge und Bedrohung ab, wobei die Eleganz des Anwesens gleichzeitig Distanz und Geborgenheit symbolisiert.

Die Todesfälle auf dem Schloss sorgen für kurze Momente des Schreckens, werden im Detail jedoch nicht weiter erläutert. Gerade der Eifersuchtsmord, der hinter verschlossenen Türen stattfindet, wird als solcher nicht gezeigt, was die nachfolgende Melancholie von Jeanne nicht so deutlich herausstreicht, wie es für die Klimax auf dem Turm notwendig wäre. Das Ambiente wird in seiner schaurigen Abgeschiedenheit nicht zur Gänze ausgekostet, was viele Gelegenheiten ihrer Aussagekraft beraubt. Spannungen werden angedeutet, aber wieder fallengelassen, Launen scheinen die Bewohner ebenso zu beherrschen wie sie wieder zu rationalem Handeln zurückfinden. Bedauerlicherweise lag der Film im Handel bisher nur in der französischen Sprachfassung vor, was es mir erschwerte, die Produktion in ihrem vollen Umfang zu genießen. Wo sich das Auge des Betrachters nicht allein auf die optischen Kniffe verlassen kann, entbehrt der Verstand die Erläuterung durch die handelnden Personen. Zwar war es die Schönheit der Bilder, die @Prisma und mich zuerst auf den uns unbekannten Film aufmerksam machte, doch anders als in Kunstwerken wie "Letztes Jahr in Marienbad" benötigt der Zuschauer hier auch das gesprochene Wort. Von den Darstellern fallen vor allem Marianne Koch, Pascale Audret, Jean Babilée und Jean-Louis Trintignant als interessante Charaktere auf; ein Ensemble, dem man größere Herausforderungen wünschte. Szenen voller Suspense, als die Signallampen eine Person auf der Galerie melden oder das Finale den Weg für den Mörder ebnet. Hier treffen Kunst und Realität aufeinander und ringen für ein paar Minuten miteinander. Der Tanz von Licht und Schatten geht in die nächste Runde.

Fazit:
Eine Erbschaft in ferner Zukunft, ein fehlender Toter und ein Schloss mit Geheimnis bilden die Zutaten für den optisch ansprechenden Film, der zwar nicht so unheimlich daherkommt wie angekündigt, aber gut zu unterhalten weiß - wenn man den geschliffenen französischen Dialogen folgen kann. 4 von 5 Punkten  Sehr guter Film/Serie
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