Diese französisch-italienische Co-Produktion aus dem Jahre 1960 genießt vielenorts einen gewissen Kultstatus und transportiert eine erstaunlich dichte und noch mehr beunruhigende Atmosphäre. Elemente aus Gothic-Horror, Science-Fiction und klassischem Grusel gestalten eine überaus morbide Grundstimmung, die diesen Film von Giorgio Ferroni zu einem kleinen Geheimtipp werden lässt. Sicherlich kommt einem die Geschichte letztlich sehr bekannt vor, denn sie fand in einigen vorigen Filmen schon Verwendung, dennoch steht »Die Mühle der versteinerten Frauen« grundsolide auf eigenen Beinen. Der Film bietet eine recht eigenartig zusammen gestellte Besetzung, die zunächst befremdlich wirkt, doch diesen Eindruck bekommt man hier ziemlich oft geboten.
Pierre Brice kann hier einmal fernab der Rolle seines Lebens bestaunt werden und er macht seine Sache überdurchschnittlich gut. Er zeichnet eine ernste Figur und arbeitet die innere Zerrissenheit beachtlich heraus. Darstellerisch gesehen und für die Verhältnisse des Franzosen bekommt man eine erstaunlich prägnante Interpretation geboten, die mich persönlich schon überrascht, wenn nicht beeindruckt hat. Hans ist hin und her gerissen zwischen unschuldiger Anmut und zwanghafter Verführung, die Ereignisse reißen ihn in einen Strudel zwischen Traum und Wirklichkeit. Dany Carrel spielt seine leicht naive und bürgerliche Freundin weitgehend unscheinbar und muss sich den anderen Darstellungen unterordnen, bildet jedoch einen notwendigen Kontrast zu Elfie und wird Spiegel der Wahnhaftigkeit von Hans, außerdem Magnet für tödliche Gefahr. Wolfgang Preiss als Dr. Bohlem hatte hier leider kaum Möglichkeiten, aus seiner dubiosen Figur das Optimum herauszuholen, seine Rolle ist im Gesamtgeschehen zwar nicht unwichtig, transportiert aber nicht im genügenden Ausmaß die latente Gefahr, die von ihm ausgehen soll. Das Kabinettstückchen dieses Szenarios liefert ganz eindeutig wie auch eindrucksvoll Herbert A.E. Böhme, der mit einer beinahe teuflischen Aura glänzen kann. Sein Professor Wahl ist durch und durch beunruhigend und verkörpert eine bedrohliche Präsenz. Die beeindruckendste Leistung zeigt jedoch die schöne Italienerin Scilla Gabel (damals als aufsteigender europäischer Star gehandelt), als Elfie Wahl. Ihre Erscheinung wird dem Titel der Produktion zusätzlich gerecht, sie wirkt selbst wie eine der Puppen aus dem Gruselkabinett der Mühle, mit ihrem maskenhaften, fast leblosen und emotionslosen Gesicht. Ihr Wesen scheint wie versteinert zu sein, sie vereint Unschuld und Verführung sehr beachtlich. Ihre Auftritte wirken einerseits sehr gespenstisch, andererseits aber auch anziehend und bleiben wenig greifbar, denn sie baut eine hohe Distanz auf. Die Schauspiel-Kolleginnen verlieren neben Scilla Gabel deutlich an Farbe und vor allem an Reiz.
»Die Mühle der versteinerten Frauen« vermittelt vielleicht nicht die höchste Glaubwürdigkeit, aber es handelt sich dabei um ein düsteres Märchen, das darüber hinaus sehr eingängig und geradlinig umgesetzt wurde. Ausgestattet mit einem klaren Aufbau, offeriert das Szenario für die damalige Zeit sehr ausgefallene Bilder und Inhalte, die den einen oder anderen Zuschauer schon schockiert haben dürften. Wie es wohl üblich ist, wurde die Produktion von der Kritik zerrissen [beispielsweise mit Aussagen wie »Entartungsprodukt kranker Fantasie« oder »Gruselfilm übelster Sorte«], trotzdem ist er in Fankreisen heute als atmosphärisch überzeugender Film geschätzt und anerkannt. Die Gruseleffekte erscheinen heute natürlich etwas angestaubt zu sein, doch muss man hier die über 50 vergangenen Jahre berücksichtigen. Ich bleibe dabei, dass man für damalige Verhältnisse schon ungewöhnliche Register gezogen hatte. Neben der positiv auffallenden Besetzung gibt es weitere Vorzüge, die die offensichtlichen Stärken des Films darstellen. Der gewählte Ort des Geschehens bekommt durch die Grusel-Mühle ein sonderbares, wenn auch überzeugendes Flair, im Inneren wirkt alles geheimnisvoll und düster, die skurrilen Personen tun das Übrige dazu. Ständig hat man das Gefühl, dass etwas Unheilvolles passieren wird, gewürzt wird der Verlauf schließlich mit einigen Schock-Passagen. Auch die Außenaufnahmen sind mit der charakteristischen Mühlenlandschaft sehr gelungen, die Effekte weisen eine optimale Dosierung auf. Musikalisch begleitet wurde das ganze von Komponist Carlo Innocenzi, der ein gutes Gespür für Spannungsförderung und Abstimmung bewies. Im Finale wird es dann schließlich richtig heiß hergehen, obwohl die Frage bestehen bleibt, ob es aus heutiger Sicht eher amüsiert oder das Fürchten lehrt. Für mich hat »Die Mühle der versteinerten Frauen« schon etwas beinahe herausragendes und fesselndes an sich gehabt und wirkt mit seinen vielleicht nicht gerade imposanten Mitteln durchaus extravagant. Ein rundum gelungenes Experiment! 5 von 5 Punkten