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Autor Thema: Assault - Anschlag bei Nacht (USA, 1976)  (Gelesen 643 mal) Durchschnittliche Bewertung: 5
filmfan
Azubi in der Police Academy
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« am: 13. Juli 2020, 20:54:29 »



In einer düsteren, heruntergekommenen Vorort von L.A. soll ein Polizeirevier geschlossen werden. Die meisten Bediensteten sind bereits verschwunden, die Telefone gekappt und nur eine Notbesetzung hält noch die Stellung. Zur gleichen Zeit werden andernorts zwei unschuldige Bürger Opfer einer brutalen Streetgang. Der Vater eines der Opfer rächt sich, erschießt den Mörder seiner Tochter und muss vor der Überzahl der schwer bewaffneten Gang-Mitglieder fliehen. Während seiner Flucht vermehrt sich die Zahl seiner Verfolger, bis ihn sein Weg in letzter Minute in die besagte Polizeistation führt. Die Eingeschlossenen, Cops und inhaftierte Verbrecher, müssen das Revier gemeinsam verteidigen und werden zu einer mörderischen Schlacht gezwungen...

Darsteller: Austin Stoker, Darwin Joston, Laurie Zimmer, Nancy Loomis
Regisseur(e): John Carpenter
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filmfan
Azubi in der Police Academy
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« Antworten #1 am: 13. Juli 2020, 20:56:05 »

Der Name John Carpenter wird jedem Action- oder Horrorfilmfan hinreichend bekannt sein, denn schließlich hat sich dieser außergewöhnliche amerikanische Regisseur, Drehbuchautor und Filmmusik-Komponist mit Filmen wie Halloween (1978), The Fog (1980), Die Klapperschlange, alias Escape from New York (1981), The Thing (1982), Christine (1983), Big Trouble in Little China (1986) und Die Mächte des Wahnsinns (1995) in der Filmgeschichte für immer verewigt. Das besondere Markenzeichen Carpenters bei allen, nicht nur den genannten, Filmen ist dessen ausgeprägte Neigung seine Werke mit einer derart intensiven, dichten Atmosphäre und ungreifbarer Düsterheit zu füllen, dass der Zuschauer von Beginn an in den Bann geschlagen wird. Carpenter kommt gewohnheitsgemäß gleich zur Sache. Häufig verpackt der Regisseur in seine Filme auch politische und sozialkritische Botschaften.

„Assault on Precinct 13“ kann dabei als der fundamentale Grundbaustein von Carpenters Karriere gesehen werden. Dieser Film aus dem Jahre 1976 vereint alle Elemente, die in den nach folgenden Filmen immer wieder auftauchen und über die Jahre schließlich in das Repertoire von Carpenters Stilmittel
und Markenzeichen Einzug gefunden haben.
„Assault on Precinct 13“ – in Deutschland aufgeführt als „Assault – Anschlag bei Nacht“, bzw. „Das Ende“ – beginnt mit einem brutalen Massaker, das Polizeibeamte an einer bewaffneten Gruppe der gefürchtetsten Straßenbande von Los Angeles „Street-Thunder“ verüben. Die Bandenführer schwören daraufhin Blutrache an den Polizisten, bewaffnen sich und ziehen mit einem Wagen ihre Runden durch die Straßen eines Vororts von L.A., die Gedanken von Hass und Blutrausch erfüllt, nach außen hin aber erschreckend kaltblutig und statisch. Parallel zu dieser Ausgangssituation werden drei für die Handlung ausschlaggebende Charaktere eingeführt. Zwei Gefangene, die in einem Polizeibus in ein anderes Gefängnis überführt werden sollen, ein farbiger Polizist, der seinen ersten Tag des Dienstes als Lieutenant antritt und ein geschiedener Vater, der seine 7-jährige Tochter in die Stadt ausführt.

Durch reinen Zufall kreuzen sich die Wege dieser vier Personen in der Polizeistation des 9. Bezirks – 13. Division, welche eine Nacht vor der Schließung steht und offiziell gar keine Polizeiwache mehr ist. Die Polizeistation erweist sich schon bald als der einzige Zufluchtort vor der wütenden „Street-Thunder“, die sämtliche Gangmitglieder mobilisiert und ihr grenzenloses Verlangen nach Vergeltung auf die in dem Polizeigebäude Gestrandeten richtet. In einem scheinbar endlos dauernden Kugelhagel, der durch Fenster auf die Wache niederstürzt, sterben die meisten der Belagerten und es bleiben nur fünf Menschen am Leben. Eine von ihnen ist die ebenso hübsche wie kesse Sekretärin Leigh (Laurie Zimmer), der farbige, frisch gekürte Lieutenant Ethan Bishop (Austin Stroker), der mysteriöse aber unberechenbare Schwerverbrecher und Mörder Napoleon Wilson (Darwin Joston), der kräftig gebaute, aber psychisch labile schwarze Häftling Wells (Tony Burton) und der lethargische Vater, dessen Tochter von einem der Gangmitglieder brutal niedergeschossen worden ist, was ihn in einen hochgradigen Schockzustand versetzte und zur Initialzündung für den weiteren Plotverlauf führte.
Die fünf Belagerte müssen sich nun mit allen Mitteln der in Scharen zuströmenden hoch aggressiven Angreifern erwehren und versuchen die Nacht lebendig zu überstehen. Doch schon bald geht die Munition zur Neige….

Es ist verblüffend, dass „Assault“ nach seinen 31 Jahren den von Special-Effects und Over-the-top Actioneinlagen verwöhnten und übersatten Zuschauer von heute immer noch in äußerstem Maße ergreifen und verstören vermag.
Der wichtigste Grund dafür liegt in Carpenters genialem Konzept, von Anfang an eine bedrohliche Situation heraufzubeschwören, die den Film konsequent anhält und sich an diversen Stellen in Form von für Carpenter typischen Schockeffekten mehrfach entlädt. Dies bewerkstelligt er durch den Plotaufbau, der mit dem angesprochenen Massaker gleich zur Sache kommt, sich aber für die Vorstellung der Charaktere dennoch genug Zeit nimmt, aber nicht minder auch durch die meisterhaft entworfenen verschiedenen Handlungsstränge, die in dem Polizeirevier des 9. Bezirks sich kreuzen. Mindestens genauso effektiv wie der inhaltliche Aufbau ist die Komposition und der Einsatz der Musik, die hier Carpenter höchst persönlich übernahm und damit einen seiner besten Scores kreierte.
Gleich im Vorspann ertönt die elektrische, düstere Musik, die den Zuschauer bereits akustisch in Spannung und apokalyptische Vorahnung versetzt. Eine derart intensive auditive Atmosphäre gelang erst 8 Jahre später wieder, nämlich als Brad Fiedel den Terminator mit seiner beklemmenden Industrial-Musik begleitete. Wie später bei „The Terminator“ setzt auch bei Assault der düstere Score jedes Mal beim Erscheinen der Street-Gang ein, was der Mörderbande noch ein Stück mehr Menschlichkeit entzieht und im Zuschauer das Gefühl erweckt, dass diese Killermaschinen vor nichts halt machen.

Carpenters Kameraarbeit ist größtenteils nüchtern und bleibt unaufdringlich, so dass die eingängige subjektive Kamera, welche die Gruppe der Kleinkriminellen kurz vor dem Blutbad begleitet, für den ganzen Film eine Ausnahme bildet und damit den Zuschauer noch effektiver, weil sparsam verwendet, in die Handlung hineinreißt. Von da an hat man das Gefühl, eine Rolle in der Handlung übernommen zu haben, und befindet sich mal Schulter an Schulter mit den unerbittlichen Killern und dann wieder in der Mausefalle mit den Eingesperrten.
Carpenter entzieht sich mit diesem Kniff jeglichem Kommentar und bringt dadurch umso mehr zum Ausdruck, dass es eine richtige und falsche Seite nicht gibt, sondern dass alle Parteien einen Rechtfertigungsgrund für ihr Handeln haben. Daraus erschließt sich die Gesellschaftskritik und zur tatsächlich gehörnten Gruppe macht Carpenter letztendlich den Polizeiapparat – also die einzige existierende autoritäre Institution im Film –, welcher in der Vorgehensweise anstelle von Gerechtigkeit gezielte, instrumentelle Kaltblütigkeit und Zynismus an den Tag legt.
Sei es der Sturmtrupp zu Beginn, die polizeiliche Begleiteskorte der überführten Gefangenen oder die Streifenpolizei-Partrolle, die im Film mehrmals am Austragungsort der Schießerei vorbei fährt und trotz Hinweise seitens der Bevölkerung tatenlos bleibt.

Es sind noch viele mehr sowohl inhaltliche, als auch stilistische Details, die Carpenters Debüt so beachtenswert machen. Inhaltlich ist „Assault on Precinct 13“ nämlich eine Hommage an den John Wayne Westernklassiker „Rio Bravo“, in welchem sich ein Sheriff alleine gegen eine Horde Verbrecher wehren muss und Carpenters Film enthält viele Verweise darauf.
Eine weitere Inspiration des Films ist ganz offensichtlich George A. Romeros „Night of the Living Dead“ (1968), in welchem eine Menschengruppe in einer Hütte Zuflucht vor einer Flut Untoter gefunden hat und sich erbittert gegen die Angriffe der Zombies wehrt. Carpenters Wahl eines schwarzen Schauspielers als den Protagonisten des Films und die groteske Art der Straßengangster, unkoordiniert und höchst paranoid die Polizeistation durch die Fenster zu stürmen ist dabei die augenscheinlichste Verbeugung.

„Assault on Precinct 13“ ist mit dem mageren Budget von 100.000 Dollar damit, genauso wie „Night of the Living Dead“ (114.000 Dollar), ein Low-Budget Film und holt wie Romeros Debüt alles aus der Thematik heraus. In vieler Hinsicht ähneln sich diese Filme, nicht zuletzt darin, dass sie ihr jeweiliges Genre (Survival-Actionfilm / Survival-Horrorfilm) wesentlich beeinflussten und um mehrere Facetten bereicherten.

John Carpenters Film ist mehr als nur ein zeitloser Klassiker des Genres und ein Meisterwerk. Dieser Film demonstriert nämlich auch auf beeindruckende Art die Stimmigkeit eines Werks, in welchem eine Person die wichtigsten Rollen – Drehbuch, Regie, Schnitt und Musik – selbst füllte.

Im Jahre 2005 verfilmte Jean-François Richet den Film neu mit stärkerem Akzent auf die aktuelle Zeit und um einiges actionlastiger. Man sollte aber lieber dem original treu bleiben!

 Geniale/r Film/Serie
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