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								|  | « Antworten #5 am: 05. März 2011, 05:33:52 » | 
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 Review - von wunschliste.de
 Es war wohl nur eine Frage der Zeit. CBS züchtet momentan ein Großteil seines Serienaufgebots im Klonlabor, so verwundert es nicht, dass nach drei "C.S.I."-Inkarnationen, zwei "Navy CIS"-Serien und dem Start einer Neuauflage von "Hawaii Five-0" (allesamt sehr erfolgreich) sich auch "Criminal Minds" der inzwischen üblichen Spin-Off-Prozedur würde unterziehen müssen: Premiere eines neuen Ermittlerteams per Backdoor-Pilot, so geschehen in der fünften "Minds"-Staffel, dann Start als eigene Serie. Ebenso wie bei den anderen Crime-Spin-Offs, sollte ein bekanntes Gesicht das neue Ermittlerteam anführen. So schlüpfte Forest Whitaker erstmals in der "Criminal Minds"-Episode "Kampf ums Überleben" (5x18) in die Rolle des Agent Sam Cooper, der eine sogenannte "Red Cell" innerhalb des Behavioral Analysis Unit anführt. Coopers Zelle operiert außerhalb der FBI-Bürokratie, lässt sich also eher mit Lederjacke als Krawatte an Tatorten blicken und scheint eine ausgeprägte Vorliebe für heruntergekommene Fabrik-Locations, komplett mit Boxstudio, als Einsatzzentrale zu haben.
 
 Genau wie bei "Navy CIS" versucht CBS mit "Suspect Behavior" eine Doppelspitze zu etablieren und so startete das Spin-Off am 16. Februar direkt im Anschluss an die Mutterserie. Doch dieses Vertrauen in die Fanbasis von "Criminal Minds" könnte für das Network nach hinten losgehen. Schließlich sind jene Zuschauer ein charismatisches Team, außergewöhnliche Fälle, knisternde Spannung und eine ebenso intelligente, wie psychologisch dichte Aufarbeitung der Serienkiller-Portraits gewohnt. Durch diese Zutaten ist "Criminal Minds" anderen Einheitsbrei-Krimis immer noch einen gewaltigen Sprung voraus, spielt in einer eigenen Liga. "Suspect Behavior" würden viele Hardcore-Fans nach den ersten zwei, recht miserablen Episoden dagegen wohl nicht mal aufs Spielfeld lassen.
 
 In Cleveland, Ohio wird die achtjährige Samantha Weller (Jade Pettyjohn) vor dem Haus ihrer Familie entführt. Agent Sam Coopers (Forest Whitaker) Red Cell-Team macht sich im Auftrag von FBI-Direktor Jack Fickler (Richard Schiff) auf den Weg und trifft vor dem Haus der Wellers auf Jeanette Rawlins (Adina Porter). Ihre neunjährige Tochter Aisha wurde ebenfalls entführt, doch schien dies die Cops in ihrer heruntergekommenen Nachbarschaft bislang kaum zu interessieren. Agentin Beth Griffith (Janeane Garofalo) setzt sich für Jeanette ein und tatsächlich sind sie und ihr Team bald von einem Zusammenhang der beiden Fälle überzeugt.
 
 Ausgerechnet Agent Jonathan "Prophet" Simms (Michael Kelly), der einst einen Kinderschänder umbrachte und sich nun noch in einer Probezeit als "Agent Pending" befindet, muss die registrierten Sittlichkeitstäter in der Nachbarschaft unter die Lupe nehmen. Direktor Fickler hat Vorbehalte dagegen, dass Sam "Prophet" in sein Team aufgenommen hat, besonders in diesem Fall könnte sein Verhalten schwer einzuschätzen sein. Und tatsächlich muss Cooper seinem Schützling klarmachen, dass sich das Team auf keiner Rache-Mission befindet.
 
 Die Agenten finden schließlich heraus, dass Aisha vermutlich in einen blauen Lieferwagen gezerrt wurde. Auch Samanthas Bruder sah einen blauen Van, bevor seine Schwester verschwand. Durch Computer-Genie Garcia (Kirsten Vangsness) finden Sam und Co. heraus, dass es eine ganze Reihe von Entführungsfällen in Cleveland gibt, bei denen solch ein blauer Van eine Rolle spielt. Zwei der betroffenen Mädchen sind tot, wurden jedoch nicht sexuell missbraucht. Währenddessen befinden sich Samantha und Aisha in der Gewalt eines Mannes, der sie einander vorstellt und mit ihnen Cartoons schauen will. Als beide nicht gehorchen verliert er die Geduld mit ihnen, die Situation droht zu eskalieren. Möglicherweise möchte der Täter mit Aisha seine eigene Tochter ersetzen, die gemeinsam mit ihrer Mutter ausgezogen ist.
 
 Wir sollten eines gleich klarstellen: Der Backdoor-Pilot zu "Suspect Behavior" war alles andere als brillant, eher ein Tiefpunkt der fünften "Criminal Minds"-Staffel. Doch während man beispielsweise bei "Navy CIS: L.A." zahlreiche Verbesserungen vornahm, bevor die neue Serie startete, schaffen die ersten beiden Episoden von "Suspect Behavior" das genaue Gegenteil. Mühelos wird jene Hintertür-Premiere in Sachen Qualität noch unterboten. Garcia, wir haben ein Problem - und das liegt vielleicht zu einem großen Teil in dem Konzept selbst. Zu keinem Zeitpunkt wird der Grund, warum das FBI derartige "Red Cells" außerhalb seiner Bürokratie braucht, auch nur ansatzweise zufriedenstellend verankert. Schließlich hat sich die vermeintlich ach so enge Bürokratie in der Mutterserie kaum je auf die Erfolgsbilanz des Teams ausgewirkt. Das ganze Setup wirkt somit eher wie eine lieblos zusammengezimmerte Ausrede um ein weiteres Team an den Start schicken zu können. Damit fehlt bei der Welt von "Suspect Behavior" jenes Level von Glaubwürdigkeit, das man beim Original gewohnt ist und schätzt.
 
 Was dem neuen Team vor allem fehlt ist der Zusammenhalt, eine einheitliche Linie. Forest Whitaker scheint mit einem Fuß stets auf einem komplett anderen Planeten zu stehen als seine Kollegen, spielt mit einer emotionalen Intensität, die nicht zu der Marke "Criminal Minds" passt und die nach einer Weile nur noch aufgesetzt wirkt, zumal sie von seinen Kollegen nicht geteilt wird. Die meisten von ihnen stolpern ohnehin durch die Episoden, als wären sie kaum bei Bewusstsein. Dies gilt vor allem für Gina LaSalle als Agentin Beau Garret, aber leider auch für Matt Ryan, der als der Brite Mick Rawson im Backdoor-Pilot noch als vielversprechendste, neue Figur überzeugte. Michael Kellys Storyline als "Prophet" Simms wirkt in der Eröffnungsepisode einfach nur lächerlich, steht doch von Beginn an praktisch außer Frage, dass er seinen neuen Job nicht wieder aufs Spiel setzt und erneut einen Kinderschänder aus dem Weg räumen wird. Als Cooper sich "Prophet" zur Brust nimmt gerät das Ganze vollends zur Farce, schließlich soll Cooper sein Team doch eigenhändig zusammengestellt haben. Wäre er sich "Prophet" nicht sicher, wie könnte er dann überhaupt Teil der Zelle sein?
 
 Vollkommen unpassend wirkt Janeane Garofalo ("Die Larry Sanders Show", "24") als Agentin Beth Griffith. Fast könnte man meinen, der eher als Stand-Up-Comedienne bekannten Schauspielerin wäre es hier nicht wirklich wohl in ihrer Haut, was sich extrem negativ auf ihre schauspielerische Leistung auswirkt. Letztendlich hilft auch der doppelte Einsatz für Kristen Vangsness als Super-Hackerin Penelope Garcia nicht. Immerhin darf sie nun sogar per Webcam und nicht nur per Telefon mit dem neuen Team in Kontakt treten, doch einen überzeugenden Grund gibt es auch dafür nicht. Richard Schiff wirkt als FBI-Direktor Jack Fickler, also als einzige Autoritätsperson, gegenüber der sich Cooper verantworten muss, ebenfalls vollkommen deplatziert - wenn auch nur aus dem Grund, dass der "West Wing"-Veteran einfach nur zu gut ist um sich in so blutleerer Umgebung herumzutreiben.
 
 Wie war das noch? Ein charismatisches Team, außergewöhnliche Fälle, knisternde Spannung und eine ebenso intelligente, wie psychologisch dichte Aufarbeitung der Serienkiller-Portraits. Nichts davon findet man (bislang) in "Suspect Behavior". Stattdessen bietet das Format genau jenen Einheitsbrei, dem man sonst beim Schauen von "Criminal Minds" aus dem Weg geht. Der super-intuitive Ermittler, der gemeine Kindesentführer, der Wettlauf gegen die Zeit, der absolut geniale Zeilen wie "Es geht hier um Menschenleben! Jede Minute zählt! Also los!" generiert ... Bis all dies durch ein paar psychologische Erkenntnisse aufgewertet werden kann, ist man längst vor Langeweile ins Koma gefallen.
 
 So muss sich "Suspect Behavior" das Urteil gefallen lassen, von allen CBS-Klonen bei weiterem der einfallsloseste zu sein - nach "C.S.I.: New York" ist das wirklich eine bemerkenswerte Leistung. Doch immerhin konnten die "C.S.I."-Ableger stets mit einer neuen Location aufwarten. Diese Möglichkeit verschließt sich "Suspect Behavior", da sich die FBI-Teams ohnehin von Episode zu Episode in einer anderen Stadt und in anderen Milieus wiederfinden. Diese eigentliche Vielfalt wird hier zum Hindernis, zu einem weiteren Bestandteil, der einfach nicht anders genug ist um die Existenz dieses Spin-Offs zu rechtfertigen.
 
 Zum Schluss muss man hier einfach noch eine Lanze für "Twin Peaks"-Fans brechen. Forest Whitaker als FBI-Agent Sam Cooper. Agent Cooper?! Wie formulierte es ein US-Kritiker noch vor kurzem so treffend: "Nein! Nein! Und nochmals Nein!" Die Namensgleichheit der Hauptfigur von "Suspect Behavior" mit Special Agent Dale Cooper (Kyle MacLachlan), immerhin eine der legendärsten Figuren der Fernsehgeschichte, ist nur ein weiteres in einer langen Reihe von Ärgernissen, die das Spin-Off von Anfang an abwerten. Statt Geld in diese lahme Ente zu investieren hätte CBS lieber A.J. Cook auf seiner Gehaltsliste gelassen, anstatt sie nach jahrelanger Treue zu feuern und ein perfekt abgestimmtes Format ins Ungleichgewicht zu bringen.
 
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