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Autor Thema: [Interview] Rainer Brandt: Auf die Ohren kommt es an!  (Gelesen 1265 mal)
Dan Tanna Spenser
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« am: 03. Oktober 2010, 04:46:12 »

Rainer Brandt: Auf die Ohren kommt es an!


Interview führte: : Stephan Plank (15.02.2006)

Rainer Brandt - Steckbrief
Das Multitalent ist Schauspieler mit einem Bambi im Regal, Synchronsprecher und Regisseur mit eigenem Studio in Kleinmachnow bei Berlin sowie Vorstandsvorsitzende des Deutschen Preis für Synchron. Last but not least zusammen mit Michael Haacke Pate diesen Internetportals im Fachbereich Synchronisation. Die Autorin hatte mit Rainer Brandt bisher nur über das Telefon Kontakt. Anlässlich des Deutschen Preis für Synchron besuchte sie den Meister des Synchrons nun endlich mal persönlich in seinem Studio in Kleinmachnow.

>Rainer Brandt! Noch nie gehört?
Gesehen haben Sie den Bambi-Preisträger sicherlich schon einmal. Seit vielen Jahren verschafft sich Rainer Brandt vor allem Gehör in der Synchronisations-branche.

So spricht Rainer Brandt bspw. Tony Curtis, oder anders gesagt: Man hört, Rainer Brandt wenn man den amerikanischen Star sieht.
Zur Kultfigur wurde der Synchronmeister sicherlich in den 70er- und 80er-Jahren, als er zusammen mit Karl-Heinz Brunnemann eine neue Form der humorvollen Synchronisation entwickelte. Er selbst nennt es Schnodder-Deutsch. Eine Sprache, zusammengewürfelt aus Berlinismen, Jiddisch, ein bisschen Unterwelt und etwas Gosse. Und sehr viel Humor gepaart mit Phantasie. Diese Kampf- und Dampfklauberei machte Schule.

Zwei Tage vor der Verleihung des Deutschen Preis für Synchron traf ich Rainer Brandt in seiner heimischen Produktionsfirma in Kleinmachnow bei Berlin.


Warum führt die Synchronisationsbranche in Deutschland ein solches Schattendasein?

Ein Grund ist sicherlich, dass in Deutschland anders als in Amerika die Stimmen nicht vermarktet werden. Das ist einfach noch zu wenig entwickelt. Wenn die deutschen Fassungen dann hierzulande gezeigt werden, hat das absurde Folgen wie bspw. bei „Shrek 2“: Ein Film mit Cameron Diaz und Antonio Banderas, hä? Das ist nicht mehr Banderas, den WIR da hören, sondern Benno Fürmann. Immerhin taucht hier auch am Ende sein Name auf! Doch welcher deutscher Zuschauer sitzt da noch im Sessel? Mit unter sind dafür diese jungen dynamischen Typen Schuld. Ich will es nicht verallgemeinern, aber die haben Ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Und wenn hierzulande PR betrieben wird, dann legt sich ein Augenmerk auf Branchenfremde wie beispielsweise die Klitschko-Brüder bei „Die Kühe sind los“. Hauptsache: Name dropping. Schade, ist es dann wirklich, wenn die wahren Branchenprofis –lassen wir das Gagenproblem mal außen vor- nicht namentlich zu Ehren kommen. Das ist auch ein Anliegen des Deutschen Preis für Synchron. Wir wollen die Synchronschauspieler dem Zuschauer näher bringen. In anderen Ländern wie beispielsweise in Frankreich und Italien läuft das ganz anders! Damit wir dies hierzulande erreichen, müssten alle aus der ganzen Branche zusammen arbeiten. Dies ist auch für die Verbesserung der Qualität sehr wichtig!

Der Deutsche Preis für Synchron wird nun zum fünften Mal vergeben. In welchen Kategorien wird er vergeben und welche Medien berichten darüber?
In sieben Kategorien wird der Preis vergeben und zwar für Herausragende weibliche und männliche Synchronarbeit, Nachwuchsleistung, Synchrondrehbuch, Synchronregie, herausragende synchronisierte TV-Serie und synchronisierter Trick- und Animationsfilm. Aus zahlreichen Einsendungen aus Kino und TV-Serien werden die Preisträger von einer fünfköpfigen Jury ermittelt. Darüber hinaus wird es dieses Jahr auch wieder einen Ehrenpreis geben. Erstmals wird auch ein Publikumspreis für eine Serie vergeben. Waren es zunächst nur einige wenige Printmedien, die einen Dreizeiler brachten, so wurden immer mehr Redaktionen auf uns aufmerksam. Inzwischen ist es eine ganze Reihe von Fernsehstationen, die über dieses Ereignis berichten. Ob diese Preisverleihung einmal in der Marlene Dietrich Halle oder dem Berlinale Palast unter Mitwirkung großer internationaler Showstars stattfinden wird, das liegt heute noch im Dunkeln. Durch die Tatsache aber, dass deutsche Bearbeitungen ausgezeichnet werden, hat sich auch die Qualität der eingereichten Arbeiten in den vergangenen Jahren merklich verbessert. Künstler worden gefunden, die dem Preis eine Form geben konnten.

Wer „castet“ die Synchronschauspieler?
Was die Stimmenauswahl betrifft, so entscheidet manchmal der Verleih, manchmal die Leitung der Produktionsfirma oder der Aufnahmeleiter. Einmal sagt der Verleih: wir möchten den. Dann nehmen wir also den- auch wenn wir anderer Meinung sind. Haben wir freie Hand, dann schauen wir in unseren Listen nach, wer die Rolle bisher schon einmal gesprochen hat. Wenn jemand weniger oft dort geführt ist, dann lassen wir das. Hier und da gibt es Mal Spinner: Ach lass uns den doch austauschen. Wir wollen Mal was Neues ausprobieren. Die anschließende Verwirrung beim Zuschauer ist die Folge. Ich finde, dass man es so wie früher machen sollte: Also dabei bleiben. Man sollte das Publikum nicht unterschätzen. Gegenüber dem amerikanischen Originalstimme haben sich hier auch ganz eigenständige Charaktere entwickelt: Ich sage hier nur Eddie Murphy! Es war in Deutschland mal genauso: Es gab feste Sprecher! Sean Connery wurde bspw. von Gert-Günter Hofmann gesprochen. Der ist ja nun leider tot. Solch eine Persönlichkeit wurde eigentlich nicht getauscht. Das ist erst später gekommen. Heute gibt es dieses Gebot selbst bei Stars nicht mehr wie jüngst bei „Troja“ zu hören: Brad Pitt wird nicht von Tobias Meister gesprochen. Das ist nicht gut Ich sage hier nur: Schuster bleib bei Deinen Listen.

Wie sind Sie zu Ihrem ersten Synchronjob gekommen?
Ich werde oft gefragt, wie kommt man eigentlich zu einem so lukrativen Synchronjob? Schon allein die Bezeichnung und Fragestellung ist falsch. Ob man heute auch noch von lukrativ sprechen kann, wage ich zu bezweifeln. Die früheren Profis sind alle weg oder tot. Die alten Hasen kamen alle vom Theater oder der Musik. Ich halte – Nachwuchstalente außen vor - den klassischen Weg immer noch für den besten und einzig richtigen: Schauspielschule, mit dem betreffendem Sprechunterricht, dann kommt das Theater das Training auf der Bühne. Dann kommt der Film. Ich selbst absolvierte meine Ausbildung am Max Reinhard Seminar in Wien, spielte Theater und drehte u. a. mit O.W. Fischer oder Maria Shell. Vertreten wurde ich damals übrigens von der wunderbaren Agentin Erna Baumbauer. Ins Synchrongeschäft bin ich dann einfach reingerutscht. Zunächst als Sprecher und dies beim Klassenfeind im Osten bei der DEFA. Die engagierten mich für eine Hauptrolle bei „Wenn die Kraniche ziehen“. Das führte ich dann im Westen weiter. Später avancierte ich dann zum Regisseur und Drehbuchautor und gründete meine eigene Produktionsfirma. Die Kirchpleite traf natürlich die gesamte Branche hart. Heute bestimmt die Synchronisation von Serien, Spielfilmen und Animationsfilmen den Markt. Sicherlich interessant, aber von unserer Seite noch zu wenig ausgeschöpft, ist der Hörbuchbereich.

Wie sieht es mit der Nachwuchsförderung aus?
Was den Stimmennachwuchs angeht, ist da ein zweischneidiges Schwert: Einerseits sagen die Auftraggeber: Gebt uns neue Stimmen, damit man nicht immer dieselben hört. Andererseits werden die Besetzungen auch von den Auftragsgebern selbst vorgenommen und diese nehmen, die die sie kennen, die allseits bekannten Stimmen. Eine Synchronfirma hat immer die Möglichkeit neue Stimmen auszuprobieren. Und in der Praxis trennt sich dann sehr schnell die Spreu vom Weizen. Und wenn sich erweist, da ist einer reif, dann sollte man ihn auch einsetzen können. Wenn sich da wieder ein Verhältnis zwischen Auftraggeber und ausführender Synchronfirma so aufbaut, dass es vielleicht wieder auf telefonischen Zuruf geht: Das wäre wünschenswert!

Sie sind bekannt für Ihre phantasievollen Drehbuchfassungen! Ist dies immer gewünscht?
Nein! Man wünscht sich eher am Original zu bleiben. Das ist für bestimmte Filme auch absolut richtig, da bleibt man ganz nah dran wie bspw. einem Ingmar Bergmann Film.
Aber jetzt kommen wir zu den komischen Sachen: Die Komik, kann man nicht 1:1 übersetzen. Das geht nicht. Die Amerikaner, Franzosen haben einen ganz anderen Humor als wir. Oder die Spanier: da liegen Galaxien dazwischen. Dann muss man sich eben hinsetzen und überlegen: Was wollte der Drehbuchautor und der Regisseur im Original erreichen? Das zu verfolgen, war das Geheimnis meines Erfolges! Ganze Blöcke sollten weg geschmissen werden. Und ich sagte, Doch: Das geht! Zig goldene Leinwände haben wir daraus gemacht. Oder nehmen wir die Synchronisation von „A Passage to India“. In der deutschen Synchronfassung "Eine Reise nach Indien" wird der Hauptdarsteller Alec Guinness von Wolfgang Kieling gesprochen. Das war ein schwerer Film und brauchte viele Antennen für die Synchronisation. Eines Tages ging das Telefon und der Regisseur David Lean war dran und sagte, dass das was er mit dem Film rüberkommen lassen wollte, ist IHM im Original nicht gelungen. Als er dann die deutsche Fassung sah- obwohl er kein Deutsch kann- sprach er mir sein größtes Kompliment aus: Das war mein Synchron Oskar und zwar mit einem ernsten Film.

Was wünschen Sie sich für die Branche?
Wenn es in ferner oder sogar naher Zukunft gelingen sollte, dass einige wenige Auftraggeber auch dazu übergehen sollten, etwas mehr auf die Qualität der gelieferten Produkte zu achten als auf Dumpingpreise! Neben mehr Rückrad bei den Auftraggebern, wünsche ich mir bei den Autoren und Regisseuren, dass man das Bewusstsein mehr schärft, sich mit dem Gedanken des Originals intensiver zu befassen: Was wollten die im Original eigentlich rüber bringen? Nehmen wir die Easy Rider Filme mit ihrem kalifornischen Slang. Das kann man nicht 1:1 übersetzen. Wenn der Kerl mit dem „heißen Ofen“ auch offensichtlich über Matratzen spricht, ist die damit verbundene Redeabsicht sicherlich animalischer Natur. Oder nehmen wir ein „Ein Käfig voller Narren“. Der wurde zunächst 1:1 übersetzt. Autobahn geradeaus! Das war langweilig. Überall in der Welt war die Serie dagegen ein Erfolg. Warum bei uns nicht, fragte mich Kirch, der den Streifen wegen fehlender Zuschauer vom Sendeplatz genommen hatte. In dem Film ging es um Alliierte in einem deutschen Straflager. Wir sind also die Idioten. Darum lacht auch die ganze Welt über uns, aber wir können das nicht. Kirch fragte mich also: Was können wir machen? Oder um die Sache abzukürzen, sagte er: Scheiß egal- du hast freie Hand! So legten wir los. Im Original hört man die verschiedensten Dialekte. Der eine ist aus Georgia, der andere aus Pittsburgh oder aus New York. Das haben wir auch! So teilten wir die Lager auf und zwar mit Bayern, Sachsen, Wienern, etc…und natürlich mit flotten Sprüchen unterlegt. Ein anderes Beispiel ist sicherlich die 24 Folgen währende Krimiserie „Die Zwei“. Während diese Serie in überall trotz Starbesetzung floppte, wurde sie bei uns zum Riesenerfolg. Nicht gesehen? Umsonst gelebt!

Vielen Dank, Herr Brandt!


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Dan Tanna Spenser
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« Antworten #1 am: 09. Februar 2013, 18:48:45 »

Eine neue Spezialausgabe von retro-tv ist online!
Synchronlegende Rainer Brandt erzählt im Interview viele interessante Anekdoten zu seiner Arbeit, über Humor und den Wandel im Synchrongeschäft:

www.retro-tv.de/folge-109



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Ulf
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« Antworten #2 am: 04. April 2019, 13:13:44 »

Inzwischen gibt es das retro-tv-Interview auf Youtube überarbeitet und in längerer Fassung (in HD). Vorweg wurde von Peddy ein Erklärungsvideo (eine Art Making-of) gemacht (ca. 10 Minuten), wie es zu dem Interview und dem Zorn von Rainer Brandt kam:

#Ungültiger YouTube Link#

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Dan Tanna Spenser
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« Antworten #3 am: 04. April 2019, 13:35:43 »

Ist ja klasse...das Interview ist ja fast schon legendär geworden Grinsen
 Muß ich mir heute abend mal runterladen.
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McCormick
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« Antworten #4 am: 27. April 2019, 20:17:21 »

Ich empfehle echt beides anzuschauen. Paddys YouTube Kanal habe ich jetzt abonniert. Ihn kenne  ihn noch von Toggo. Er antwortet auch auf Fragen in den YouTube Kommentaren also das ist bodenständig. Retro TV da gibt es auch wieder ein Lebenszeichen es geht weiter. Ist halt so das beide kaum Zeit dafür haben.

Interview ist echt stark und Rainer Brandt hat ja auch absolut Recht wenn er meint es gibt heute keine guten Sprecher mehr. Ich würde meine ja es gibt gute Sprecher für bestimmte Genre dazu muss man aber auch das Genre verstehen gerade Animes da gibt es in Deutsch heutzutage gute Sprecher auch für TV-Serie. Aber bei Filmen gerade Jungsprecher da sieht es schon sehr schwach aus. Das traurigste ist auch das die ganz tollen Sprecher die auch ich lieb gewonnen habe auch wenn schon viele davon verstorben sind immer weniger werden. Weil ich habe von den neusten Sprecher jetzt Animes ausgenommen einfach keinen Lieblingsynchronsprecher. Da mag ich einfach die alte Schule.
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Dan Tanna Spenser
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« Antworten #5 am: 27. April 2019, 20:33:15 »

Ja, Paddy hatte sich da wirklich schon was geleistet....voll peinlich, am Abend noch fett Party gemacht, dadurch Herrn Brandt vergessen, der rotzt Gift und Galle "Was fällt dem Schnösel ein (...)" totlachen Man merkte Brandt auch an, dass er auch während des gesamten Interviews etwas angefressen war...es war ja auch sehr unprofesionell gewesen das alles Grinsen  In dem Fall wäre es besser gewesen, ein etwas älterer hätte das Interview gemacht. Auch von den Klamotten her, die Paddy anhatte, war es schon etrwas respektlos Brandt gegenüber Grinsen
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