Fluchtpunkt San Francisco (USA, 1971)Originaltitel: Vanishing Point
Alternativtitel: Grenzpunkt NullMit 'nem Guten Schuss Speed im Rachen und mit der Wette im Hinterkopf, innerhalb von 15 Stunden von Denver nach San Francisco zu kommen, rast Kowalski in seinem 1970er Dodge Challenger R/T mit einem 440 Kubik V8-Motor ber den staubigen, verlassenen Highway. Verfolgt von der dmmlich-tumben, aber glcklicherweise nicht lcherlich dargestellten Polizei. Bereits in den ersten Minuten von "Fluchtpunkt San Francisco" sind wir Zeugen der ersten Minuten des Finales. Der Film beginnt an einem Sonntag, um 10:02 Uhr. In Kalifornien.
Wir sehen das finale Dilemma, die letzte groe Entscheidung in Kowalskis "Karriere". Vor ihm eine mit zwei Bulldozern gestellte Straensperre, deren berwindung schlicht unmglich scheint, hinter ihm 2 Wagen der kalifornischen Polizei. Doch noch bevor Kowalski eine Entscheidung trifft, springt die Erzhlung zeitlich nach hinten. Nach fast 10 Minuten befinden wir uns nun "2 Tage frher", nmlich in Denver, Freitag, 23:30 Uhr. Hier startet Kowalski seine Odyssee nach Frisco. Was auf der Reise passiert, sollen wir in den nchsten 90 Minuten erfahren.
Dies erste, narrative Spielerei ist der Auftakt fr eine doch relativ gradlinige, einzige, gigantische Verfolgungsjagd. Whrend John A. Alonzo fantastische Aufnahmen von der menschenleeren Wste gegen einen wunderschnen, blauen Himmel photographiert, verliert sich das Skript, der Plot wird zunehmend dnner, jedoch die Charakterisierung von Kowalski wird immer strker. Die halsbrecherischen Autojagd-Szenen werden immer wieder durch unverfremdete und unkommentierte Rckblenden unterbrochen, die Kowalski als einst rechtschaffenen Soldaten, hochdekorierten Polizisten und erfolgreichen Rennfahrer zeigen.
Nun jedoch ist Kowalski Kurier, ein Hllenfahrer, der menschgewordene Traum von Freiheit. Ohne Familie und ohne Zuhause, beziehungsweise mit einem Zuhause hinter dem Steuer, kann es nichts und niemanden geben, der Kowalski stoppen oder beeinflussen knnte. Sogar die Polizei sieht oft nicht mehr als nur den Auspuff des Wagens. Es ist das versinnbildlichte Gefhl der 70er Jahre, die Post-"Easy Rider"-Zeit, in der die romantisierten Bilder von drogenbeeinflusster Freiheit langsam abklingen. Von der Hippiekultur ist kaum mehr etwas zu sehen. Zwar erhebt ihn der schwarze, blinde Radio-DJ Super Soul (Cleavon Little) zu einem Idol seiner Generation ber den ther, jedoch sind es scheinbar Schaulustige, die Kowalski an der Straensperre sehen wollen, und keine Happening-feiernde Kids.
Hin und wieder kommt es zu Begegnungen mitten in der Wste. Auch wenn es hier zu schwcheren Szenen kommt, wie zum Beispiel das Treffen mit den beiden, gerade verheirateten, homosexuellen Anhaltern, oder der eigentmliche Religionskult der J. Hovah's Singers, die Schlangen und Musik als Inspiration ihres gttlichen Werkes sehen, gibt es zwei Highlights in dem Film: Der alte Mann, der in der Wste lebt, in Metaphern spricht, und davon lebt, Schlangen einzufangen, ist Kowalskis einziger wahrer sozialer Kontakt auf der Reise. Trotz der Unverstndnis fr die kryptischen Aussagen des Mannes, hegen sie innerhalb von kurzen Momenten eine Freundschaft fr einander. Beide sind isoliert von der Gesellschaft und leben in ihrer eigenen, kleinen Welt: Kowalski im Auto, der Unbekannte bei seinen Schlangen.
Die zweite, berhmte Person, ebenfalls namenlos, auf die Kowalski trifft, ist ein nacktes Mdchen auf einem Motorrad. Im ersten Augenblick scheint es so, als ob ihr Auftreten nur der puren Zurschaustellung nackter Haut dient, aber wenn man lnger ber ihr Handeln und ihre bedingungslose Verbundenheit zu Kowalski nachdenkt, so kommt man zu dem Schluss - und dieser ist gerade angesichts ihrer Kowalski-Collage aus mehreren Zeitungsartikeln vergangener Tage -, sie ist jemand, der frher in Kowalskis Polizistentage von ihm gerettet wurde.
Kowalski wird gespielt von Barry Newman, der aber letzten Endes nichts weiter zu tun hat, als cool hinter dem Steuer zu sitzen, und mal ein berlegenes, mal ein nachdenkliches Gesicht aufzusetzen. Einen schnen Kontrast bietet da Cleavon Little, der mit Leib und Seele seine Radiomoderation herausschreit, und mit energetischer Kraft seine Rolle spielt. Karl Swenson und Rita Coolidge haben kleine Rollen. Im Gegensatz dazu, spielt hierbei der Soundtrack eine deutlich grere Rolle. Die soulige Musik von Bobby Doyle, Jimmy Walker oder Mountain passt immer eins zu eins auf die von Alonzo portrtierte Stimmung.
Nach 93 Minuten befreiender Reise endet "Fluchtpunkt San Francisco". Ein groartiger, tiefsinniger Actionfilm, dessen Grundgedanke "Freiheit" ist - sowohl inhaltlich, als auch stilistisch. Frei von Drehbuch-Standards, frei von der allen Regeln der Regie und frei von der Notwendigkeit eines wirklichen Plots. Ein groartiges Beispiel fr die spannenden 70er Jahre. Der Film endet, der Kreis schließt sich, am Sonntag, 10:04 Uhr. In Kalifornien
Barry Newman: KowalskiCleavon Little: Super Soul
Dean Jagger: Goldsucher
Victoria Medlin: Vera Thornton
Karl Swenson: Sandy McKees
Lee Weaver: Jake
John Amos: Super Souls Funker
Tom Reese: Sheriff
Paul Koslo: Hilfssheriff Charlie
Robert Donner: Hilfssheriff Collins
Timothy Scott: Angel
Severn Darden: Rev. J. 'Jessie' Hovah
Quelle: wikipedia