SilverLion
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"There Out there!"
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« am: 10. Juni 2010, 11:04:29 » |
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Die Rundfunkgebühr für ARD und ZDF wird nun endgültig umgekrempelt: Die ungeliebten GEZ-Gebühren werden ab 2013 anders als bisher erhoben. Darauf hat sich die Rundfunkkommission der Länder geeinigt. Der Beitrag wird nicht mehr pro Gerät, sondern pro Haushalt gezahlt. Das heißt: Jeder Haushalt zahlt den gleichen Betrag - egal, wie viele Menschen dort wohnen und wie viele Fernseher, Radios oder Computer in der Wohnung stehen.
Die GEZ-Gebühren in Deutschland werden grundlegend reformiert - weg von einer Gerätegebühr hin zu einer Haushaltsabgabe. Darauf hat sich am Mittwoch die Rundfunkkommission der Länder geeinigt. Ab 1.1.2013 soll der Beitrag nicht mehr pro Gerät, sondern pro Haushalt gezahlt werden. Dadurch fallen künftig auch die lästigen Kontrollen der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) weg. Auf keinen Fall sollen die Gebühren, die zurzeit pro Monat 17,98 Euro betragen, erhöht werden. "Ein Haushalt, eine Gebühr", brachte der Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), die Reform auf den Punkt.
Wen die neue Haushaltsabgabe wie trifft
Alle Menschen, die gemeinsam in einer Wohnung leben - etwa eine Familie oder eine Wohngemeinschaft - werden in Zukunft nur einmal zur Kasse gebeten. Minderjährige mit eigenem Einkommen müssen nichts zahlen. Für Zweitwohnungen und Ferienwohnungen, Dienstfahrzeuge sowie je Hotelzimmer wird ein Drittel der Gebühr fällig. In Unternehmen wird der Beitrag je nach Zahl der Mitarbeiter gestaffelt. Behinderte sollen großzügiger behandelt werden als bisher. Mit der Reform sollen Doppelbelastungen innerhalb einer gemeinsamen Wohnung, zum Beispiel für Kinder mit eigenem Einkommen, ganz wegfallen. Das neue Modell sei "transparenter und dadurch gerechter", sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU), der die Medienpolitik der unionsregierten Länder koordiniert.
Haushaltsabgabe "wie Müllgebühren" zahlen
Mit dem Kompromiss haben die Länder in wichtigen Teilen den Vorschlag des Verfassungsrechtlers Paul Kirchhof aufgegriffen. Der Professor aus Heidelberg hatte die Reform in einem Gutachten für ARD und ZDF als verfassungskonform bewertet. Heute ist die Abgabe an die Art der Empfangsgeräte gekoppelt. Die Gebühr werde für die Grundversorgung mit Fernsehen und Radio bezahlt, sagte Beck, "so wie für den Wasseranschluss oder so wie Müllgebühren". Die Verwaltung einer solchen Abgabe werde effektiver und günstiger. Mit der geplanten Haushaltsabgabe zeichnet sich das Ende des Streits ab, ob Gebühren auch für internetfähige Firmen-PC und Smartphones erhoben werden sollen, mit denen auch ferngesehen oder Radio gehört werden kann. Das Aufspüren von "Schwarzsehern" und die Ermahnungen durch die GEZ fallen weg. Die Beweislast wird umgedreht: Pauschal muss in Zukunft jeder Haushalt erst einmal zahlen, dann können Ausnahmen beantragt werden.
Finanzamt soll Haushaltsabgabe einziehen
Wie die neue Haushaltsabgabe eingezogen wird, ist indes noch nicht genau geklärt. Möglicherweise kassiert das Finanzamt die Gebühren ein. "Die Finanzämter könnten den Einzug als staatliche Aufgabe mitübernehmen, die GEZ solle aufgelöst werden", schlug der medienpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Burkhardt Müller-Sönksen vor.
Werbung in ARD und ZDF wird eingeschränkt
Das neue Modell soll im Dezember in einem neuen Rundfunkstaatsvertrag festgeschrieben werden. Beck schloss nicht aus, dass die Gebühr für ARD und ZDF bei dem neuen Modell sogar sinken könnte. "Vielleicht ist sogar noch der eine oder andere Cent weniger drin." Zurzeit nehmen die Anstalten über die Kölner Gebühreneinzugszentrale jedes Jahr etwa 7,3 Milliarden Euro ein. Diese Summe soll nicht sinken. Gleichzeitig soll das Sponsoring von TV-Sendungen an Sonn- und Feiertagen nach 20.00 Uhr mit Ausnahme von großen Sportereignissen wegfallen. Beck nannte den Kompromiss einen "Meilenstein in der Medienpolitik".
Neues Gebührenmodell findet Zustimmung
Am Freitag treffen sich die Regierungschefs der Bundesländer und beraten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das neue Gebührenmodell. Die Umstellung der Gebühr auf eine Haushaltsabgabe stößt in weiten Teilen der Politik und vor allem bei den Sendern selbst auf Zustimmung. ARD, ZDF und Deutschlandradio begrüßten die Entscheidung. Der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust sagte: "Es ist ein modernes System, das den technischen Entwicklungen gerecht wird und vieles einfacher und nachvollziehbarer macht." ZDF-Intendant Markus Schächter nannte die Neuausrichtung "zukunftssicher". Willi Steul, der Intendant vom Deutschlandradio (Deutschlandfunk/Deutschlandradio Kultur), sagte, das "wesentlich klarere und einfachere System" werde insgesamt die Akzeptanz des Rundfunkbeitrages erhöhen.
Linke kritisiert Haushaltsabgabe als "sozial ungerecht"
Kritik kam indes von der Linken. "Die Einführung einer einheitlichen Haushaltsabgabe unabhängig vom Vorhandensein eines Empfangsgeräts ist sozial ungerecht", sagte Kathrin Senger-Schäfer, die medienpolitische Sprecherin der Linke-Bundestagsfraktion.
Wen betrifft die neue Rundfunkgebühr? Sie wird für jeden Haushalt und Betrieb fällig. Es soll auch nicht mehr wie bislang Befreiungen für Hartz-IV- oder Sozialhilfeempfänger von der Beitragspflicht geben. Sie bekämen aber entsprechend mehr Geld vom Staat. Ausnahmen sind nur wegen "ersichtlicher Empfangsunfähigkeit" (zum Beispiel in einer Almhütte im Funkloch) oder langer Abwesenheit vorgesehen. Bislang richtet sich der zu zahlende Betrag nach den vorhandenen Geräten. Betriebe sollen künftig nach Anzahl der dort beschäftigten Personen bezahlen. Bisher muss pro Betrieb nur einmal 5,52 Euro im Monat gezahlt werden.
Wie hoch wird die neue Rundfunkgebühr sein? Es soll nicht teurer werden fernzusehen, Radio zu hören oder im Internet zu surfen - zumindest für diejenigen, die bislang schon zahlen. Über den Betrag ist noch nicht entschieden. Er wird von der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (KEF) ermittelt. Bislang ist für ein Fernsehgerät monatlich 17,98 Euro fällig, ein Radio kostet derzeit 5,76 Euro. Gebühren müssen auch für internetfähige Computer und Handys gezahlt werden.
Müssen also auch diejenigen Rundfunkgebühren zahlen, die gar kein Gerät besitzen? Ja. Die Gebühr betrifft alle. Verfassungsrechtler haben die Rechtmäßigkeit bereits mehrfach überprüft
Vor aufdringlichen GEZ-Beauftragten muss man sich also künftig nicht mehr fürchten? Nein. Die Schnüffelei der GEZ wäre nicht mehr nötig. Da jeder zahlen muss, ist es egal, ob jemand Geräte hat oder nicht.
Erhalten ARD und ZDF durch die Reform der Rundfunkgebühren mehr Geld? Erst mal wohl nicht. Das Gebührenaufkommen für ARD, ZDF und Deutschlandradio soll unverändert bei jährlich rund 7,2 Milliarden Euro bleiben. Wenn man aber die 40 Millionen Haushalte mit der derzeitigen Fernsehgebühr von 17,98 Euro multipliziert, kommt man auf rund 7,2 Milliarden Euro. Die Zahl der Haushalte wird sich in den kommenden Jahren eher vergrößern wegen des Trends zu Single-Haushalten. Hinzu kommen noch Unternehmen (rund eine Million).
Auch die Basis wird sich vergrößern, weil diejenigen, die bislang für Radio nur 5,76 Euro bezahlten, voraussichtlich höher zu Kasse gebeten werden. Zudem müssen künftig auch Zweitwohnungsbesitzer zahlen. Und Schwarzseher sollen keine Chance mehr haben, der Gebühr zu entkommen.
Werden die öffentlich-rechtlichen Sender dann keine Werbung mehr zeigen? Doch. Zwar hätte Kirchhof am liebsten einen Verzicht. Dazu sind ARD und ZDF aber nicht bereit. Die Werbeeinnahmen liegen derzeit bei rund 450 Millionen Euro.
Warum ist eine Reform der Rundfunkgebühren nötig? Die technische Entwicklung hat dazu geführt, dass die Erhebung der Rundfunkgebühr nicht mehr plausibel und womöglich sogar verfassungswidrig ist.
[Quelle: dpa]
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