Sanders’ Dienste sind ein Überbleibsel der Kolonialzeit und deshalb wird er, als das Land Gondra seine Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich verkündet, kurzerhand entlassen. Auf der Suche nach einer neuen Stellung gerät der tapfere Brite nun in ein neues Abenteuer, das ihn erneut nach Afrika führen soll. Dieser Grundgedanke ermöglichte es Harry Alan Towers, zumindest einige Aufnahmen „vor der Haustür“ in London zu drehen. Auch wenn es nicht gerade das ist, was man von einem Wallace-Afrika-Film erwartet, so habe ich mich über den Buckingham Palace, die Mall und den St James’s Park doch sogar noch ein Fitzelchen mehr gefreut als über die afrikanische Landschaft, Wüste und Meer.
Der Exotik-Faktor kommt aufgrund umfangreicher Aufnahmen an den Originalschauplätzen zur Geltung, hätte aber noch stärker ausfallen können, wenn man auf eine wertigere Kamera- und vor allem Schnittarbeit geachtet und effektivere, kunstvollere Farbgestaltungen ins Auge gefasst hätte. So spielen trotz Afrika-Setting die Geschichte, an der Towers wie immer unter seinem Pseudonym Peter Welbeck mitarbeitete, und die Schauspieler die Hauptrollen. Die Geschichte allerdings kommt nur sehr langsam ins Rollen – wirklich ausfüllen kann sie anderthalb Stunden nicht. Sie weist dennoch einige interessante Kniffe auf, zu denen einerseits Elga Andersens hin- und hergerissenes Frauchen mit Erlebnissehnsucht, andererseits die Vergangenheitsbezüge bei Heinz Draches Johnny von Karsten, der im Zweiten Weltkrieg als deutscher U-Bootkommandant afrikanische Gewässer unsicher machte.
So sind es denn auch Andersen und Drache, denen man beim Zuschauen einen Großteil der Aufmerksamkeit entgegenbringt. Das eigentliche Liebespaar – Richard Todd und Marianne Koch – fällt aufgrund seiner Biederkeit hinter das gespannte Verhältnis der von Karstens zurück. Dale Robertson gibt den halbherzig skrupellosen A.J. Magnus eine Spur zu gewöhnlich und stereotyp, was in verstärkter Form ebenso für seine Komplizen gilt. Man merkt Seton und Co. die Hau-Drauf-Mentalität so sehr an, dass kein Raum für irgendwelche Personenzeichnung übrigbleibt, wodurch der Geschichte nicht nur letzte Hauch von Glaubwürdigkeit abgeht, sondern auch spannendere Rollen wie die des Piet van Houten oder Charlie Singer unvermittelt von der Bildfläche verschwinden.
Was mir gefällt, ist, dass in beiden Fassungen die deutschen Stars mit ihren eigenen Stimmen zu hören sind: Sowohl Heinz Drache als auch Marianne Koch sprechen sich auf Deutsch und Englisch selbst, was für Engländer, die sich an ihrem deutschen Akzent stören mögen, geschickt durch die Herkunft der Figuren begründet wird. Auch ansonsten ist die Synchronisation gut gelungen – man hört unter anderem bekannte Stimmen wie Holger Hagen, Arnold Marquis, Horst Sachtleben und Reinhard Glemnitz.
Nach der Sichtung weiß ich wieder, weshalb ich „Sanders und das Schiff des Todes“ seit mindestens sechs Jahren nicht mehr gesehen habe. Etwa so lange wird er jetzt wohl auch wieder warten dürfen. Er ist und bleibt ein ziemlich trockenes Unterfangen, bei dem ich aber im Gegensatz zu anderen Wertern gerade schätze, dass es nicht allzu urtypisch afrikanisch zu geht. 2,5 von 5 Punkten.